Am 23. Oktober 2018 öffnete in Washington D.C. das erste Starbucks-Café in den USA, in dem das gesamte Personal hauptsächlich gehörlos oder schwerhörig ist und in amerikanischer Gebärdensprache (ASL) kommuniziert. Inspiriert wurde das Projekt von einem ähnlichen Starbucks in Kuala Lumpur, Malaysia, das 2016 startete. Das neue Café bietet eine inklusive Umgebung, in der Menschen mit und ohne Hörbeeinträchtigung entspannt zusammenkommen können, ohne Sprachbarrieren.
Ein Café wie jedes andere – aber doch besonders
Auf den ersten Blick ähnelt das Starbucks in Washington allen anderen Filialen der Kette: Junge Mitarbeitende in schwarzen Hemden hinter grünen Schürzen servieren Kaffee und Snacks, die Inneneinrichtung ist modern und schlicht. Doch die Atmosphäre unterscheidet sich deutlich. Ein ruhigeres Klima herrscht, da die meisten Bestellungen und Gespräche in ASL stattfinden. Kunden brauchen nicht laut zu sprechen oder ihre Wünsche auf dem Handy zu zeigen. Stattdessen erscheint der Name auf einem Bildschirm, sobald die Bestellung fertig ist.
Rebecca Witzofsky, 20 Jahre alt, und Nikolas Carapellatti, 22, beide Studenten der Gallaudet University, freuen sich über diese neue Möglichkeit. „Es ist schön, einen Ort außerhalb des Campus zu haben, wo gehörlose Menschen essen, trinken und sich unterhalten können“, erklärt Rebecca. In normalen Starbucks-Filialen sei es oft schwierig, sich verständlich zu machen – hier hingegen können alle direkt kommunizieren.
Inspiration aus Malaysia
Das Konzept des Gebärdensprachen-Cafés basiert auf einem Modell aus Kuala Lumpur. Dort wurde das erste Starbucks dieser Art 2016 eröffnet und erfreute sich großer Beliebtheit. Auch in Washington soll es nicht nur ein Ort zum Kaffeetrinken sein, sondern ein Begegnungsraum, in dem die Gebärdensprache sichtbar und erlebbar wird. Zusätzlich werden in der Filiale spezielle Angebote gezeigt, wie die „Gebärde der Woche“ auf einer Tafel oder große Kaffeetassen gestaltet von gehörlosen Künstlerinnen. Der Starbucks-Logo-Schriftzug wurde teilweise in ASL umgesetzt, um die Sichtbarkeit von Gebärdensprache zu fördern.
Inklusive Begegnungen
Albert und Peggy Hlibok, ein älteres Ehepaar, genießen die neue Möglichkeit, ohne Barrieren mit den Mitarbeitenden zu kommunizieren. „Es ist eine tolle Gelegenheit für alle, zu sehen, dass gehörlose Menschen genauso Teil der Gesellschaft sind“, sagt Peggy mithilfe eines Dolmetschers. Sie betonen, dass solche Begegnungen Vorurteile abbauen und zeigen, dass Kommunikation auch ohne Stimme funktionieren kann. Das Café bietet nicht nur gehörlosen Gästen Vorteile, sondern macht auch hörende Menschen mit der Gebärdensprache vertraut.
Starbucks und gesellschaftliche Verantwortung
Die Eröffnung kommt nach Jahren, in denen Starbucks bereits mit gesellschaftlichen Fragen konfrontiert war. Im Frühjahr 2018 sorgte ein Vorfall in Philadelphia für Aufsehen, als zwei schwarze Männer ohne Grund festgenommen wurden. Daraufhin schloss die Kette 8.000 Filialen für einen halben Tag, um die Mitarbeitenden in Sensibilität und Antidiskriminierung zu schulen. Starbucks zeigte damit, dass das Unternehmen bereit ist, auf soziale Missstände zu reagieren. Das Gebärdensprachen-Café kann als Teil dieser Bemühungen gesehen werden, Diversität und Inklusion stärker zu fördern.
Vergleich mit Frankreich
Auch in Frankreich gibt es ähnliche Projekte: Das Restaurant-Bar „L’oreille cassée“ in Toulouse, eröffnet am 7. August 2018, wird von gehörlosen Inhabern geführt. Gäste bestellen dort mit Gesten, Rufen ist nicht nötig. Der Ort ist bereits beliebt und zeigt, dass inklusive Gastronomie international möglich ist und sowohl Gehörlosen als auch Hörenden Vorteile bringt.
Fazit
Das Starbucks in Washington ist mehr als nur ein Café. Es ist ein inklusiver Treffpunkt, der die Gebärdensprache sichtbar macht, Barrieren abbaut und Begegnungen zwischen hörenden und gehörlosen Menschen erleichtert. Inspiriert von Malaysia und ergänzt durch kreative Elemente wie die „Gebärde der Woche“ oder künstlerische Kaffeetassen, zeigt das Projekt, wie Gastronomie soziale Integration fördern kann. Solche Initiativen beweisen, dass Inklusion praktisch umgesetzt werden kann, ohne dass Qualität oder Service leiden. Für die Deaf-Community ist es ein Symbol für Selbstbestimmung, Sichtbarkeit und gesellschaftliche Teilhabe – und für alle anderen eine Gelegenheit, Gebärdensprache als natürliche Form der Kommunikation zu erleben.
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