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Barrierefreiheit 2025: Gibt es jetzt mehr Untertitel?

by info@deaf24.com

Viele gehörlose und schwerhörige Menschen hoffen seit Jahren auf mehr Barrierefreiheit im Fernsehen. Besonders wichtig: Sendungen mit Untertiteln. Denn ohne Untertitel ist es für viele schlicht unmöglich, Informationen oder Unterhaltung zu verstehen.

Die Erwartungen waren groß, als das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) im Juni 2025 in Kraft trat. Viele dachten: „Jetzt wird endlich alles besser.“ Doch nur wenige Tage nach dem 1. Juli ist klar: Die Realität sieht anders aus. Vor allem im klassischen Fernsehen bei privaten Sendern wie RTL Up, VOX oder Sat.1 hat sich kaum etwas verändert.

Was ist passiert – und was nicht? Dieser Artikel erklärt es klar und verständlich.

 

Untertitel im Fernsehen – Warum sie so wichtig sind

Für viele Hörgeschädigte, Schwerhörige und Gehörlose sind Untertitel nicht nur hilfreich, sondern notwendig. Ob Nachrichten, Filme, Talkshows oder Sportsendungen – ohne Untertitel bleiben wichtige Inhalte unverständlich.

Vor allem im Fernsehen, das viele Menschen täglich nutzen, ist es eine Frage der Gleichberechtigung: Alle sollen dieselben Informationen bekommen können – ob hörend oder nicht. Auch im Notfall, bei Katastrophen oder in politischen Entscheidungen ist barrierefreier Zugang lebenswichtig.

 

Was ist am 1. Juli 2025 passiert?

Am 28. Juni 2025 ist in Deutschland das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) in Kraft getreten. Ziel dieses Gesetzes ist es, digitale Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu machen – also z. B. Webseiten, Apps, Online-Shops, Fahrkartenautomaten oder auch Streaming-Plattformen.

Aber Vorsicht: Viele Menschen dachten, dass nun alle Fernsehsendungen verpflichtend mit Untertiteln ausgestattet sein müssen. Das stimmt leider nicht.

 

Das BFSG betrifft nur digitale Inhalte – nicht das normale Fernsehen

Das neue Gesetz verpflichtet nur Anbieter digitaler Angebote – z. B.:

  • Mediatheken von ARD, ZDF oder RTL+
  • Streamingdienste wie Netflix oder Amazon Prime
  • Webseiten mit Videos
  • Smart-TV-Menüs oder Apps

Nicht betroffen sind:

  • Klassische TV-Sender über Kabel, Satellit oder Antenne (z. B. RTL Up, VOX, ProSieben, ntv, Kabel Eins etc.)
  • Live-Sendungen im Fernsehen
  • Alte Serien oder Sendungen, die nur im TV ausgestrahlt werden

Private Fernsehsender sind weiterhin nicht gesetzlich verpflichtet, Untertitel für alle Sendungen anzubieten – und das ist ein großes Problem.

 

Wie sieht es in der Praxis aus?

Öffentlich-rechtliche Sender (ARD, ZDF):

  • Untertitel bei vielen Formaten vorhanden (z. B. Tagesschau, Tatort)
  • Mediatheken oft mit UT, aber nicht immer vollständig
  • Nur sehr wenige Sendungen mit Deutscher Gebärdensprache (DGS)

Private Sender (RTL, ProSieben, VOX, etc.):

  • Kaum Untertitel im linearen TV
  • Viele Serien, Shows und Filme weiterhin komplett ohne UT
  • Auch Wiederholungen oder vorproduzierte Sendungen ohne UT
  • Mediatheken (z. B. RTL+) manchmal mit UT, aber oft unübersichtlich

Besonders ärgerlich: Selbst öffentlich finanzierte Großereignisse (z. B. Fußball-EM, politische Debatten) sind nicht immer barrierefrei zugänglich. Gehörlose fühlen sich dadurch ausgeschlossen.

 

Warum handeln private Sender nicht?

  • Gesetzlich gibt es keine klare Pflicht für das klassische Fernsehen.
  • Die Kontrolle fehlt: Niemand prüft regelmäßig, ob genug Untertitel gesendet werden.
  • Kostenargument: Die Sender sagen, Untertitelung sei teuer und lohne sich angeblich nicht.
  • Wenig Druck aus der Politik: Es fehlt an klaren Vorgaben und Konsequenzen bei Verstößen.

 

Fazit: Noch lange keine Gleichberechtigung im Fernsehen

Auch im Juli 2025 bleibt der Zugang zum Fernsehen für Gehörlose stark eingeschränkt – vor allem im privaten Bereich. Obwohl das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz in Kraft ist, betrifft es nur digitale Inhalte – nicht das klassische Fernsehen, das viele Menschen täglich nutzen.

Für echte Gleichberechtigung braucht es:

  • Eine gesetzliche Untertitelpflicht für alle TV-Sender – auch privat
  • Bessere Kontrolle durch Behörden
  • Mehr Gebärdensprachdolmetscher im Fernsehen
  • Beteiligung der Gehörlosen bei Medien-Entscheidungen

 

Tipps: Was Betroffene jetzt tun können

  1. Meldet fehlende Untertitel an die Sender direkt oder an die „Medienanstalten“ (für private Sender zuständig).
  2. Nutzt barrierefreie Angebote, wenn vorhanden – z. B. in den Mediatheken oder auf YouTube.
  3. Fordert öffentlich Untertitel ein – z. B. über Social Media, Leserbriefe, Petitionen.
  4. Vernetzt euch mit anderen Gehörlosen, z. B. über Deaf-Organisationen oder Selbsthilfegruppen. Gemeinsam ist der Druck stärker.
  5. Dokumentiert eure Erfahrungen: Was fehlt? Was ist schlecht organisiert? Diese Berichte sind wichtig für Medienaufsicht, Politik und Öffentlichkeit.

 

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