Der anhaltende Krieg im Gazastreifen hat nicht nur zahllose Menschenleben gefordert, sondern trifft auch besonders verletzliche Gruppen hart – darunter Kinder und Menschen mit Hörbehinderung. Laut dem Direktor der Association for Deaf Children in Gaza, Fadi Abed, sind derzeit rund 35.000 Kinder und Erwachsene akut von Hörverlust bedroht. Die katastrophalen Lebensbedingungen, ständige Bombardierungen und der Zusammenbruch des Gesundheitssystems haben schwerwiegende Folgen für die gehörlose Gemeinschaft in Gaza.
Kinder mit Hörbehinderung in Lebensgefahr
Fadi Abed warnt, dass insbesondere Kinder unter fünf Jahren in größter Gefahr sind. In dieser entscheidenden Entwicklungsphase benötigen sie eine ruhige Umgebung und medizinische Unterstützung, um Sprache zu erlernen und kommunizieren zu können. Doch durch die Zerstörung von Kliniken und Rehabilitationszentren fehlen diese Möglichkeiten völlig.
„Viele Kinder können keine Hörtests mehr machen oder ihre Hörgeräte reparieren lassen“, erklärt Abed. „Dadurch verlieren sie nicht nur ihr Gehör, sondern auch die Chance auf eine normale sprachliche Entwicklung.“
Auch die seelische Belastung ist enorm. Laut Abed leiden rund 89 % der gehörlosen Kinder unter schweren psychischen Traumata. Viele haben Albträume, Angstzustände oder Probleme mit unkontrolliertem Wasserlassen – eine Folge der ständigen Explosionen, Verluste und der Angst vor neuen Angriffen.
Zerstörte Gesundheitsversorgung und Hilfsorganisationen
Die israelischen Luftangriffe haben zahlreiche Gesundheitseinrichtungen, darunter Kliniken für Hörgeschädigte, zerstört. Viele Patienten haben ihre Hörgeräte, Batterien oder Cochlea-Implantate verloren. Ersatzteile und neue Geräte können wegen der Blockade kaum in den Gazastreifen gebracht werden.
Abed beschreibt die Situation als dramatisch: „Es fehlt an allem – Hörgeräten, Batterien, medizinischen Ersatzteilen. Ohne internationale Hilfe werden viele dauerhaft ihr Gehör verlieren.“
Auch die Association for Deaf Children selbst wurde schwer getroffen. Ihre Gebäude wurden beschädigt, und die täglichen Bildungs- und Rehabilitationsangebote für Hunderte von Kindern mussten eingestellt werden. Dadurch verschärft sich die Isolation der Kinder, die ohnehin schon kaum Zugang zu Kommunikation haben.
Humanitäre Krise für Menschen mit Behinderung
Etwa acht Prozent der Bevölkerung Gazas leben mit einer Behinderung, darunter viele mit Hörverlust. Seit 2023 wurden mehr als 12.000 neue Verletzungen registriert – ein alarmierender Anstieg, der die humanitäre Katastrophe verdeutlicht.
Abed macht deutlich: „Die Fortsetzung des Krieges bedeutet eine weitere Verschlechterung der Lebensbedingungen für Menschen mit Hörbehinderung. Israel trägt die volle Verantwortung für die Verweigerung des Rechts auf Behandlung und ein würdiges Leben.“
Politische Forderungen und internationale Verantwortung
Auch der Demokratische Front zur Befreiung Palästinas (FDLP) äußerte sich in einer Erklärung kritisch über die internationale Untätigkeit. Der FDLP warnte vor politischen Plänen, die darauf abzielen könnten, arabische und islamische Staaten in den Konflikt hineinzuziehen.
Die Organisation forderte ein sofortiges, bedingungsloses Waffenstillstandsabkommen, die Öffnung der Grenzübergänge sowie die ungehinderte Lieferung von Wasser, Nahrung, Medikamenten und Hilfsgütern. Besonders wichtig sei, dass die internationalen Organisationen ihrer Verantwortung gerecht werden, um die katastrophale humanitäre Lage zu beenden.
Der FDLP erinnerte daran, dass die Vereinten Nationen verpflichtet seien, den Frieden und die Sicherheit weltweit zu gewährleisten. Deshalb müsse die internationale Gemeinschaft mit Nachdruck auf ein Ende der Gewalt drängen.
Internationale Kritik und Appelle
In weiteren Stellungnahmen kritisierte der FDLP auch die Äußerungen des US-Außenministers Marco Rubio, der eine Anerkennung eines palästinensischen Staates ablehnt. Diese Haltung, so der FDLP, missachte bestehende UN-Resolutionen und verletze das Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung.
Der FDLP betonte, dass die palästinensische Unabhängigkeitserklärung von 1988 ein Akt der Eigenbestimmung war – ohne Zustimmung der USA oder Israels. Diese Entschlossenheit bleibe ungebrochen.
Fazit: Schutz und Unterstützung dringend nötig
Die Lage in Gaza ist verheerend – besonders für Kinder mit Hörbehinderung. Ohne medizinische Geräte, therapeutische Hilfe und stabile Versorgungsstrukturen drohen viele dauerhaftes Gehör- und Sprachverlust. Dazu kommen die psychischen Folgen von Krieg und Flucht.
Internationale Organisationen, Regierungen und Hilfswerke sind dringend aufgerufen,
- humanitäre Hilfe ohne Einschränkungen zuzulassen,
- medizinische und technische Unterstützung für Hörgeschädigte bereitzustellen,
- und die Bildungseinrichtungen für gehörlose Kinder wieder aufzubauen.
Nur mit gezielter internationaler Hilfe und einem dauerhaften Waffenstillstand kann die betroffene Bevölkerung – besonders die gehörlosen Kinder – eine Zukunft in Würde und Sicherheit aufbauen.
Tipp:
Hilfsorganisationen wie das Palestine Red Crescent Society oder UNRWA bieten Programme zur Unterstützung von Kindern mit Behinderungen in Krisengebieten. Spenden, Öffentlichkeitsarbeit und internationale Aufmerksamkeit können entscheidend dazu beitragen, dass Menschen mit Hörbehinderung in Gaza nicht vergessen werden.
Bild: saba.ye

