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Cochlea-Implantat: Das sollst du wissen

by info@deaf24.com

Ein Cochlea-Implantat – kurz CI – ist ein Hörgerät für Menschen, die taub oder fast taub sind. Es wird in das Innenohr eingesetzt und operiert.

Viele Kliniken empfehlen ein CI – oft sehr schnell. Doch:
Ein CI ersetzt kein echtes Hören. Es ist ein technisches Gerät.

Gehörlose Menschen brauchen gute Informationen, bevor sie sich entscheiden.
In diesem Bericht findest du wichtige Fakten, die du wissen solltest.

Wie funktioniert ein Cochlea-Implantat?

Ein CI hat zwei Teile:

  1. Außenteil: Ein kleines Gerät mit Mikrofon und Magnet – es wird hinter dem Ohr getragen.
  2. Innenteil: Dieser Teil wird in das Innenohr eingesetzt (in die Cochlea). Er wird bei einer Operation unter die Haut und in das Ohr implantiert.

Das Mikrofon nimmt Geräusche auf und verwandelt sie in elektrische Impulse. Diese Impulse werden über den Hörnerv an das Gehirn geschickt.

Aber:
Man hört nicht wie ein hörender Mensch.
Viele CI-Träger:innen hören künstliche Töne – wie Roboter oder Piepssignale.

CI bei Kindern: Ab wann – und ist es zu früh?

Viele Kliniken empfehlen, CI schon bei Babys einzusetzen – oft mit nur 6 bis 12 Monaten.
Sie sagen: „Früher ist besser.“ Doch das ist umstritten.

Warum Vorsicht wichtig ist:

  • Das Kind kann sich nicht selbst entscheiden.
  • Die Eltern treffen eine Entscheidung für das ganze Leben.
  • Kinder, die von Geburt an taub sind, entwickeln oft visuelle Sprache (Gebärdensprache) – das ist für sie natürlich und barrierefrei.
  • Wenn ein CI zu früh kommt, fehlt die Zeit, Gebärdensprache zu lernen.

Manche Kinder profitieren später vom CI – aber nicht alle.
Viele bleiben trotz CI auf Gebärdensprache angewiesen.
Ein CI garantiert kein Hören und kein Sprechen.

Was hörst du mit einem CI?

Mit einem CI hört man elektrische Töne – kein echtes Hören.
Viele berichten von:

  • Piepsen, Robotersprache
  • Geräuschen ohne Bedeutung
  • Lange Trainingszeit
  • Schwierigkeiten, Stimmen zu unterscheiden
  • Schwierigkeiten in Lärm (z. B. auf der Straße oder im Kindergarten)

Das Gehirn muss alles erst lernen. Manche brauchen viele Monate – manche viele Jahre. Einige verstehen nie Sprache über das CI.

Wie läuft die CI-Operation ab?

  • Die Operation dauert etwa 1–2 Stunden.
  • Du bekommst eine Vollnarkose.
  • Du bleibst meistens 1–3 Tage im Krankenhaus.
  • Nach 2–4 Wochen bekommst du den Außenteil (Soundprozessor).

Danach beginnt die Rehabilitation:

  • Du lernst, Töne zu erkennen und zuzuordnen.
  • Du brauchst viele Termine bei der Klinik und beim Hörtraining.
  • Das dauert oft Monate oder Jahre.

Wie gut verträgt man ein CI?

Nicht alle Menschen vertragen ein CI gut.
Mögliche Probleme:

  • Druckgefühl oder Schmerzen
  • Entzündungen nach der Operation
  • Tinnitus oder Schwindel
  • Probleme mit dem Magneten (z. B. beim Frisieren oder Schlafen)
  • Einschränkungen bei MRT (Magnetresonanztomografie)
  • In manchen Fällen: psychische Belastung durch ständiges Training oder Misserfolg

Nicht jeder fühlt sich wohl mit einem Implantat im Kopf.

Wie teuer ist ein CI – und wer bezahlt es?

Ein CI ist sehr teuer.
Ein komplettes System (Operation, Gerät, Nachsorge) kostet:

etwa 30.000 bis 40.000 Euro pro Ohr

Zusätzlich entstehen Kosten für:

  • regelmäßige Kontrollen
  • Hör- und Sprachtherapie
  • Batterien, Ersatzteile
  • neue Soundprozessoren alle 5–8 Jahre

Wer bezahlt das?

In Deutschland übernehmen die Kosten meistens:

  • Gesetzliche Krankenkassen
  • Private Versicherungen (je nach Vertrag)
  • In bestimmten Fällen: Integrationsämter oder Jugendämter bei Kindern

Aber:
Nicht immer werden alle Kosten vollständig übernommen – z. B. Ersatzteile oder Zubehör (Fernbedienungen, spezielle Halterungen etc.) muss man oft selbst zahlen.

Wird in Gebärdensprache beraten?

Leider oft nicht.

Viele HNO-Ärzt:innen können keine DGS. Das bedeutet:

  • Die Beratung ist kurz
  • Oft in Fachsprache
  • Ohne Dolmetscher oder nur über Video
  • Kein echter Austausch auf Augenhöhe
  • Viele Gehörlose fühlen sich unter Druck gesetzt

Gute Beratung bedeutet:

  • In der Sprache der Betroffenen (DGS)
  • Mit Dolmetscher:in vor Ort
  • Mit echten Informationen – auch zu Risiken
  • Ohne Zwang oder Bewertung
  • Mit Respekt gegenüber der Gehörlosenkultur

CI: Was passiert nach der Operation?

Regelmäßige Kontrolle (Inspektion)

Ein CI muss regelmäßig kontrolliert werden – das nennt man „Inspektion“ oder „Nachsorge“.

Das passiert:

  • Kontrolle vom Außengerät (Soundprozessor)
  • Überprüfung der Technik (Magnet, Spule, Spracherkennung)
  • Anpassung des Hörprogramms
  • Kontrolle der Haut und Narbe
  • Test, wie gut die Person mit dem CI hört (Hörtest)

Wie oft?

  • In den ersten Monaten: sehr oft (jede 4–8 Wochen)
  • Später: meist 1–2 Mal pro Jahr
  • Bei Kindern: zusätzlich Sprach- und Hörtraining

Das CI muss ein Leben lang betreut werden. Ohne Kontrolle kann die Technik schlechter funktionieren oder das Gehirn „verlernt“ das Hören.

Kann man ein CI später updaten oder austauschen?

Teilweise – aber nicht vollständig.

  • Das Außengerät (Soundprozessor) kann man alle paar Jahre austauschen. Es gibt neue Versionen mit besserem Klang, Akkus oder Zubehör.
  • Der Innenteil im Kopf (die Elektrode in der Cochlea) kann nicht einfach ausgetauscht werden, weil er mit der Hörschnecke verwachsen ist.

Ein kompletter Austausch (neue Marke, neue Technik) ist oft nicht möglich, ohne eine neue Operation mit großem Risiko.
Deshalb ist man lebenslang an die gewählte Marke gebunden (z. B. Cochlear, MED-EL, Advanced Bionics).

Wer trägt das Risiko?

Viele Risiken liegen bei der betroffenen Person selbst.

  • Komplikationen nach der Operation (z. B. Entzündungen, Schmerzen)
  • Technische Fehler (Magnet verrutscht, Kabel bricht)
  • Hörtraining bringt keine Erfolge
  • Schwierigkeiten in Schule, Beruf, Alltag trotz CI

Die Klinik übernimmt oft keine Verantwortung, wenn das Ergebnis schlecht ist.

Die Krankenkasse bezahlt die OP, aber nicht immer alle Folge-Kosten.

  • Neue Außengeräte (alle 6–10 Jahre): nur mit Antrag
  • Ersatzteile (Magnete, Spulen): oft nur teilweise
  • Reparaturen: je nach Vertrag
  • Rehabilitation: nur begrenzte Zeit

Lassen Gehörlose das CI auch wieder entfernen?

Ja, das kommt vor – aber selten. Gründe dafür:

  1. Schlechte Hör-Ergebnisse: Die Person versteht trotz CI kaum etwas.
  2. Unangenehme Nebenwirkungen: Schwindel, Druckgefühl, Tinnitus, Schmerzen
  3. Psychische Belastung: Stress durch viele Hörtrainings, hohe Erwartungen, Enttäuschung
  4. Starke Identifikation mit der Gehörlosenkultur: Einige entscheiden später, dass sie ohne CI besser leben – vor allem, wenn sie sich in der Gebärdensprachgemeinschaft wohlfühlen.
  5. Abstoßung oder technische Fehler: In wenigen Fällen muss das CI aus medizinischen Gründen entfernt werden.

Das Entfernen des CI ist eine zweite Operation – mit Risiken. Danach kann man nicht einfach „wieder normal hören“. Der Hörnerv oder die Cochlea kann durch das erste CI beschädigt sein.

Fazit: CI ist nicht rückgängig zu machen – Entscheidung mit Folgen

Ein CI ist kein Kopfhörer. Es ist eine lebenslange technische Entscheidung.
Viele denken: „Ich kann es später wieder entfernen, wenn es nicht klappt.“
Aber das ist nicht einfach – weder medizinisch noch psychisch.

Darum gilt:

Gut überlegen
Risiken kennen
In DGS beraten lassen
Andere CI-Nutzer:innen fragen
Die Entscheidung gehört der betroffenen Person – nicht der Klinik.

Bild von Robin Higgins auf Pixabay

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