In Syrien wächst eine neue Generation von Menschen heran, die trotz schwerer Hindernisse ihren Platz in der Gesellschaft suchen. Viele von ihnen leben mit Behinderungen und stoßen im Alltag auf große Schwierigkeiten – sei es beim Zugang zu Bildung, zu Arbeit oder zu sozialen Kontakten. Einer von ihnen ist Ahmad Al-Batin, 24 Jahre alt, der selbst gehörlos ist. Seine Geschichte ist nicht nur eine persönliche Erfolgsgeschichte, sondern auch ein Vorbild für viele andere Menschen mit Hörbehinderung. Ahmad beweist, dass Behinderung kein Ende bedeutet, sondern auch ein neuer Anfang sein kann.
Kindheit voller Herausforderungen
Ahmad wurde in eine Familie geboren, in der mehrere Mitglieder gehörlos sind. Ursache war ein Verwandtenehe, wodurch vier Angehörige mit Hör- und Sprachbehinderung zur Welt kamen. Schon früh spürte er, dass sein Alltag anders verlief als bei hörenden Kindern. Besonders in den ersten Schuljahren hatte er große Schwierigkeiten, weil er in einer sogenannten Integrationsschule war. Dort fehlte es an Fachkräften, an Dolmetschern und an Lehrmethoden, die auf Kinder mit Hörbehinderung zugeschnitten sind.
Ahmad verstand vieles nicht und fühlte sich oft ausgeschlossen. Er beschreibt diese Zeit als schmerzhaft, aber auch als eine Phase, die ihn stärker gemacht hat. Erst als er an ein spezialisiertes Institut für Gehörlose in Damaskus wechseln durfte, fand er die richtige Unterstützung. Dort lernte er Gebärdensprache, Lippenlesen und erhielt Unterricht, der auf seine Bedürfnisse abgestimmt war. Mit dieser Basis konnte er schließlich erfolgreich die Schule abschließen.
Vom Schüler zum Lehrer
Ahmad wollte nicht stehen bleiben. Er entschied sich, weiter zu lernen – und zwar in einem Bereich, der anderen Gehörlosen direkt helfen kann. Er studierte Sonderpädagogik und schloss sein Studium mit einem Bachelor und einem Diplom ab. Derzeit arbeitet er an seinem Masterabschluss in Pädagogik.
Parallel zu seinem Studium unterrichtet er heute selbst Kinder mit Hörbehinderung. Er führt Übungen durch, die ihre Sprachfähigkeiten fördern sollen. Dabei legt er großen Wert auf Geduld, Motivation und die enge Beziehung zu seinen Schülern. Seine eigene Erfahrung macht ihn besonders sensibel für die Bedürfnisse dieser Kinder. Ahmad weiß genau, wo die Hürden liegen und wie man sie Schritt für Schritt überwinden kann.
Neben seiner Lehrtätigkeit ist Ahmad seit sechs Jahren auch im Bereich Schneiderei aktiv. Mit dieser Arbeit unterstützt er seine Familie finanziell. So verbindet er Engagement für andere mit Verantwortungsbewusstsein gegenüber den eigenen Angehörigen.
Bildung als Schlüssel zur Teilhabe
Die Geschichte von Ahmad zeigt eindrücklich, dass Bildung für Menschen mit Behinderung eine entscheidende Rolle spielt. Ohne den Wechsel an das spezialisierte Institut hätte er wahrscheinlich keine Chance auf höhere Bildung gehabt. Mit der Gebärdensprache eröffnete sich ihm jedoch eine neue Welt.
Heute nutzt er dieses Wissen, um Kindern zu helfen, die sich noch am Anfang ihres Bildungswegs befinden. Besonders wichtig ist ihm, dass diese Kinder lernen, sich in der Gesellschaft zurechtzufinden. Denn nur wer kommunizieren kann, hat die Möglichkeit, am Leben teilzunehmen – sei es in der Schule, im Beruf oder im sozialen Umfeld.
Ahmad betont, dass das Annehmen von Unterschieden und das Fördern von Inklusion zentrale Aufgaben der Gesellschaft sind. Er ruft dazu auf, Barrieren abzubauen und Menschen mit Behinderung nicht nur zu unterstützen, sondern ihnen aktiv Teilhabe zu ermöglichen.
Vorbild für die Gesellschaft
Ahmad sieht sich nicht als Ausnahme, sondern als Beispiel. Er will zeigen, dass viele Menschen mit Hörbehinderung ähnliche Wege gehen können, wenn sie die nötige Unterstützung erhalten. Seine Botschaft ist klar:
- Menschen mit Behinderung sind Teil der Gesellschaft.
- Sie haben ein Recht auf Bildung und Arbeit.
- Mit Unterstützung können sie nicht nur für sich selbst sorgen, sondern auch einen wichtigen Beitrag für die Gemeinschaft leisten.
Ahmad selbst lebt diese Botschaft jeden Tag. Er verbindet seine akademische Arbeit mit praktischer Hilfe und beweist, dass Engagement auch in schwierigen Zeiten möglich ist.
Tipps aus Ahmads Geschichte – was wir alle lernen können
Die Erfahrungen von Ahmad enthalten viele wertvolle Hinweise, die auch für andere Familien, Schulen und Organisationen wichtig sein können:
- Frühe Förderung ist entscheidend
Je eher Kinder mit Hörbehinderung Zugang zu Gebärdensprache, Dolmetschern und speziellen Unterrichtsformen erhalten, desto besser sind ihre Chancen auf eine gute Bildung. - Selbstbestimmung respektieren
Menschen mit Behinderung wissen oft selbst am besten, welche Unterstützung sie brauchen. Ihre Wünsche und Erfahrungen sollten ernst genommen werden. - Inklusion ist ein Gewinn für alle
Wenn Menschen mit und ohne Behinderung zusammen lernen und arbeiten, profitieren beide Seiten. Es stärkt die Gemeinschaft und baut Vorurteile ab. - Vorbildfunktion nutzen
Geschichten wie die von Ahmad motivieren andere. Medien, Vereine und Bildungseinrichtungen sollten solche Beispiele sichtbar machen. - Familienunterstützung nicht vergessen
Auch Angehörige von Menschen mit Behinderung stehen oft vor großen Herausforderungen. Sie brauchen ebenfalls Beratung und Hilfe, damit sie ihre Rolle gut erfüllen können.
Fazit
Die Lebensgeschichte von Ahmad Al-Batin ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Behinderung und Erfolg sich nicht ausschließen. Trotz schwieriger Startbedingungen hat er seinen Weg gefunden – durch Bildung, Geduld und die Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen. Heute unterrichtet er Kinder mit Hörbehinderung, unterstützt seine Familie und setzt sich öffentlich für Inklusion ein.
Ahmad zeigt, dass Menschen mit Hörbehinderung nicht am Rand der Gesellschaft stehen müssen. Mit der richtigen Förderung können sie ihr Leben selbst gestalten und anderen ein Vorbild sein. Seine Botschaft ist klar: Akzeptiert Unterschiede, unterstützt Menschen mit Behinderung und gebt ihnen die Chance, ihre Talente einzusetzen.

