Viele Gehörlose fragen sich: Wer darf mich bei Gericht, Ämtern oder Behörden dolmetschen? Bekannt ist der diplomierte Gebärdensprachdolmetscher (GSD), der offiziell ausgebildet ist. Doch viele Gehörlose nutzen auch sogenannte Kommunikationshilfen – Menschen ohne Diplom, die Gebärdensprache sehr gut beherrschen und die Gehörlosenkultur kennen. Dieser Artikel erklärt, was erlaubt ist, welche Rechte Gehörlose haben und worauf man achten sollte.
Unterschied zwischen Gebärdensprachdolmetscher und Kommunikationshilfe
Gebärdensprachdolmetschende (GSD)
- Diplomierte Dolmetscher sind offiziell anerkannt und nach einem Berufsbild ausgebildet.
- Sie werden bei Gerichtsverfahren, Jugendamt, Polizei oder anderen Behörden bevorzugt eingesetzt.
- Sie sind neutral, dürfen keine persönlichen Interessen einbringen und unterliegen einer klaren Schweigepflicht.
Kommunikationshilfe (KH)
- Menschen ohne formale Dolmetscher-Ausbildung, oft erfahren in der Gehörlosenkultur.
- Können flexibel und persönlich auf Gehörlose eingehen, da sie die Alltagssprache der Gehörlosen kennen.
- Haben ebenfalls Schweigepflicht – gesetzlich oder vertraglich geregelt, je nach Einsatz.
- Werden bei offiziellen Terminen wie Gericht nicht automatisch anerkannt, können aber oft eingesetzt werden, wenn das Gericht oder die Behörde zustimmt.
Tipp: Gehörlose haben grundsätzlich das Recht auf freie Wahl, wer sie dolmetscht. Wichtig ist, dies frühzeitig bei Behörden oder Gerichten anzumelden.
Dolmetschen bei Gerichten: Offizielles Verfahren
Bei Gerichtsverfahren gilt:
- Gerichte bevorzugen diplomierte GSD, um Neutralität und Rechtssicherheit zu gewährleisten.
- Kommunikationshilfen dürfen unter Umständen zugelassen werden, wenn das Gericht dies genehmigt.
- Kommunikationshilfen können unterstützend arbeiten, z. B. zur Vorbereitung oder Nachbereitung von Terminen.
Praktischer Hinweis: Gehörlose sollten vor einem Gerichtstermin klar angeben, wer dolmetscht, um Missverständnisse zu vermeiden.
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Dolmetschen bei Ämtern und Behörden
Bei Ämtern, Sozialdiensten oder Behörden sind die Regeln oft flexibler:
- Diplomierte GSD werden bevorzugt, vor allem bei sensiblen Themen wie Sozialleistungen oder Jugendamt.
- Kommunikationshilfen dürfen in vielen Fällen eingesetzt werden, wenn der Gehörlose dies wünscht.
- Einige Ämter erkennen die Wahlfreiheit offiziell an und bezahlen auch nicht-diplomierte Dolmetscher aus dem Budget für Gehörlose.
Beispiel:
Ein Gehörloser geht zum Amt für soziale Leistungen. Er kann selbst entscheiden, ob ein diplomierter GSD oder eine vertraute Kommunikationshilfe ihn begleitet. Wichtig ist, das Amt rechtzeitig zu informieren, damit der Termin reibungslos abläuft.
Vorteile und Risiken von Kommunikationshilfen
Vorteile:
- Persönliche Beziehung und Vertrauen, oft länger bekannt.
- Schnelle Verfügbarkeit, weniger Wartezeit.
- Gute Kenntnis der Gehörlosenkultur und Alltagssprache.
Risiken:
- Manche Gerichte oder Behörden prüfen die Zulassung und können die Kommunikationshilfe ablehnen, wenn rechtliche Neutralität oder Dokumentation nicht gewährleistet ist.
- Formal kann die Anerkennung bei offiziellen Verfahren eingeschränkt sein – das ist nicht die Schuld der Gehörlosen, sondern eine rechtliche Sicherheitsmaßnahme.
Tipp: Bei sensiblen oder offiziellen Terminen sollte die Kommunikationshilfe immer in Absprache mit der Behörde oder dem Gericht eingesetzt werden.
Tipps für Gehörlose bei der Wahl des Dolmetschers
- Frühzeitig planen: Dolmetscher vor Gericht oder bei wichtigen Terminen rechtzeitig melden.
- Auf Neutralität achten: Bei Gerichtsverfahren darf der Dolmetscher keine Befangenheit haben.
- Kombination nutzen: Diplomierter GSD für formelle Teile, Kommunikationshilfe für Vorbereitung und Nachbereitung.
- Budget prüfen: Manche Behörden übernehmen Kosten für nicht-diplomierte Dolmetscher, wenn dies gewünscht wird.
- Vertrauensbasis: Besonders bei sensiblen Themen ist ein vertrauensvoller Dolmetscher wichtig.
Fazit
Gehörlose haben das Recht auf freie Wahl ihres Dolmetschers, egal ob diplomierter GSD oder erfahrene Kommunikationshilfe. Bei Gerichtsverfahren oder sensiblen Terminen können Behörden oder Gerichte die Zulassung prüfen, um Neutralität und Rechtssicherheit zu gewährleisten. Kommunikationshilfen haben ebenfalls Schweigepflicht und sind besonders für persönliche Beratung, Vorbereitung und Nachbereitung wertvoll. Wer die Wahl hat, sollte immer frühzeitig planen, die Behörde informieren und auf Vertrauen achten, damit die Kommunikation zuverlässig und sicher abläuft.



