Ein gehörlos geborenes Mädchen in Großbritannien kann dank einer neuen Gentherapie ohne Hörgerät hören. Diese bahnbrechende Behandlung gibt Hoffnung, dass manche Formen von Gehörverlust in Zukunft ohne technische Hilfsmittel behandelt werden können.
Doch wie funktioniert diese Gentherapie? Welche Unterschiede gibt es zur Cochlea-Implantation? Und welche Chancen und Herausforderungen bringt diese Methode mit sich? In diesem Artikel erklären wir die wichtigsten Punkte.
Erste Erfolge der Gentherapie
Opal Sandy wurde ohne Gehör geboren. Noch vor ihrem ersten Geburtstag erhielt sie eine spezielle Gentherapie. Dabei wurde ihr ein funktionierendes Otof-Gen mit Hilfe eines harmlosen Virus ins rechte Ohr gespritzt. Dieses Gen ersetzt die defekte DNA, die für ihre erbliche Taubheit verantwortlich war.
Schon wenige Wochen nach der Behandlung konnte Opal laute Geräusche wahrnehmen, etwa Applaus oder laute Stimmen. Sechs Monate später konnte sie sogar leise Töne wie Flüstern hören und erste Worte sagen: „Mama“, „Papa“ und „Oh-oh“.
Ihre Eltern sind überwältigt von den Fortschritten. Die Gentherapie hat das Leben ihrer Tochter stark verändert.
Unterschied zur Cochlea-Implantation
Opals ältere Schwester Nora wurde ebenfalls gehörlos geboren. Sie trägt ein Cochlea-Implantat, das ihr das Hören ermöglicht. Dieses Gerät überträgt elektrische Impulse direkt an den Hörnerv und umgeht dabei die geschädigten Haarzellen im Innenohr. Es vermittelt allerdings nicht das natürliche Hören, sondern eine künstliche Hörwahrnehmung.
Die Gentherapie funktioniert anders: Sie stellt die natürliche Hörfunktion wieder her, indem sie das fehlende Gen ersetzt. Dadurch können sich die Haarzellen im Innenohr regenerieren und Töne auf normale Weise weiterleiten.
Chancen und Herausforderungen
Mehr als die Hälfte aller Fälle von Gehörverlust bei Kindern sind genetisch bedingt. Bisher gab es keine Möglichkeit, diesen genetischen Defekt direkt zu behandeln. Die Gentherapie könnte das ändern. Experten hoffen, dass sie in Zukunft auch für andere Formen von starkem Gehörverlust eingesetzt werden kann.
Professor Manohar Bance, ein HNO-Spezialist aus Cambridge, betont, dass frühes Hören für die Entwicklung des Gehirns und der Sprache entscheidend ist. Manche Kinder zeigen erst mit zwei oder drei Jahren Symptome von Gehörverlust, was die Sprachentwicklung stark verzögern kann. Die Gentherapie könnte hier helfen, da sie möglicherweise direkt nach der Geburt angewendet werden kann.
Doch es gibt auch Herausforderungen:
- Die Behandlung ist noch in einer frühen Testphase. Langfristige Folgen sind nicht bekannt.
- Sie ist momentan nur für eine spezielle Form des Gehörverlusts (Otof-Mutation) geeignet.
- Es ist unklar, wann und ob die Therapie für alle betroffenen Kinder verfügbar sein wird.
Fazit
Die Gentherapie gibt Hoffnung, dass manche Kinder mit genetischem Gehörverlust ohne technische Hilfsmittel wie Hörgeräte oder Cochlea-Implantate hören können. Noch steht die Forschung am Anfang, doch die ersten Erfolge zeigen, dass diese Methode das Leben vieler Menschen verändern könnte.
Es bleibt abzuwarten, wie sich die Gentherapie weiterentwickelt und ob sie eine echte Alternative zu bisherigen Lösungen wird.
Foto: BBC

