CODA steht für „Children of Deaf Adults“ – hörende Kinder von gehörlosen Eltern. Diese Kinder wachsen mit Gebärdensprache und der Gehörlosenkultur auf, sie sprechen die Sprache meist wie eine Muttersprache. CODA haben eine enge Verbindung zur Gehörlosengemeinschaft und könnten ideale Gebärdensprachdolmetscher (GSD) sein. Doch die Realität sieht anders aus: Nur wenige CODA entscheiden sich für diesen Beruf.
Warum arbeiten CODA selten als Dolmetscher?
Es gibt viele Gründe, warum CODA nicht als Dolmetscher arbeiten wollen. Ein wichtiger Faktor ist die zu hohe Bürokratie.
1. Strenge Voraussetzungen für Dolmetscher
In Deutschland dürfen nur Dolmetscher mit einem Diplom oder Zertifikat bezahlt werden. CODA, die die Gebärdensprache perfekt beherrschen und tief in der Gehörlosenkultur verwurzelt sind, scheitern oft an diesen formellen Anforderungen.
- Aufwendige Ausbildung:
Ein Diplom zu erwerben, bedeutet Zeit, Geld und viel Aufwand. Viele CODA sehen das als unnötig, da sie die Sprache und Kultur von klein auf kennen. - Keine Anerkennung ohne Zertifikat:
Ohne offizielles Zertifikat können CODA ihre Fähigkeiten nicht nutzen, selbst wenn sie den Gehörlosen überlegen wären, was Sprachgefühl und kulturelles Verständnis angeht.
2. Bürokratische Hürden im Berufsalltag
Selbst für diplomierte Dolmetscher erschwert die Bürokratie den Alltag:
- Lange Genehmigungsverfahren:
Dolmetscheinsätze müssen oft erst von Behörden oder anderen Institutionen genehmigt werden. Das dauert manchmal Wochen, obwohl der Einsatz dringend benötigt wird. - Fehlende Flexibilität:
Es gibt starre Regelungen, wer wann und wo eingesetzt werden darf. Das führt dazu, dass Gehörlose manchmal wochenlang warten müssen, obwohl ein geeigneter Dolmetscher verfügbar wäre.
3. Bürokratie schadet der Wahlfreiheit der Gehörlosen
Die aktuellen Regeln nehmen Gehörlosen die Freiheit, selbst zu entscheiden, wen sie als Dolmetscher möchten. Gehörlose dürfen keinen CODA oder talentierten Kommunikationsassistenten einsetzen, wenn diese nicht offiziell zertifiziert sind – selbst wenn diese Personen die besseren sprachlichen und kulturellen Fähigkeiten haben.
Welche weiteren Probleme gibt es?
Zusätzlich zur Bürokratie gibt es weitere Gründe, warum CODA selten als Dolmetscher arbeiten:
Psychische Belastung
CODA tragen oft psychische Belastungen aus ihrer Kindheit. Viele mussten früh Verantwortung übernehmen und für ihre gehörlosen Eltern dolmetschen – eine schwierige Rolle für Kinder. Diese Erfahrungen schrecken sie oft davon ab, diesen Beruf als Erwachsene zu ergreifen.
Hohe Erwartungen der Gehörlosen
Gehörlose haben oft sehr hohe Ansprüche an Dolmetscher. Sie erwarten, dass diese nicht nur sprachlich perfekt sind, sondern auch alle kulturellen Feinheiten kennen. Wenn diese Erwartungen nicht erfüllt werden, äußern Gehörlose ihre Enttäuschung oft direkt, was für Dolmetscher sehr belastend sein kann.
Was könnte verbessert werden?
Damit mehr CODA und Dolmetscher bereit sind, in diesem Beruf zu arbeiten, sollte Folgendes verbessert werden:
1. Bürokratie abbauen
Die strengen Voraussetzungen für Dolmetscher sollten gelockert werden:
- CODA könnten durch eine einfache Prüfung ihre Fähigkeiten nachweisen.
- Institutionen sollten flexibler sein und Gehörlosen erlauben, selbst zu entscheiden, wen sie als Dolmetscher möchten.
2. Respekt und Verständnis fördern
Die Gehörlosengemeinschaft sollte die besonderen Fähigkeiten von CODA und talentierten Kommunikationsassistenten mehr anerkennen und schätzen.
3. Psychische Unterstützung bieten
Dolmetscher, besonders CODA, sollten psychologische Unterstützung erhalten, um den emotionalen Druck besser bewältigen zu können.
4. Mehr Wahlfreiheit für Gehörlose
Gehörlose sollten die Freiheit haben, zwischen diplomierten Dolmetschern, CODA und anderen talentierten Personen zu wählen. Diese Wahlfreiheit würde allen Beteiligten zugutekommen.
Fazit: Bürokratie abbauen, Wahlfreiheit fördern
Die hohe Bürokratie verhindert, dass CODA und talentierte Personen Gehörlosen helfen können. Wenn die Regeln gelockert werden und Gehörlose mehr Wahlfreiheit erhalten, könnte die Situation für alle verbessert werden. Weniger Bürokratie, mehr Respekt und bessere Unterstützung – so könnte die Zusammenarbeit zwischen Dolmetschern und der Gehörlosengemeinschaft in Zukunft besser funktionieren.

