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Mobbing gegen taube Menschen am Arbeitsplatz

by info@deaf24.com

Viele taube Menschen berichten, dass sie am Arbeitsplatz Diskriminierung und Mobbing erleben. Häufig entstehen diese Probleme nicht aus bösem Willen, sondern durch Unwissenheit, Vorurteile oder fehlende Barrierefreiheit. Die Folgen sind trotzdem gravierend: Ausgrenzung, psychische Belastung und geringere Karrierechancen.
Dieser Artikel zeigt, welche Formen von Mobbing existieren, welche Ursachen dahinterstehen, welche Unterschiede zwischen CI-Träger*innen und Gehörlosen bestehen, welche rechtlichen Möglichkeiten es gibt und wie Firmen Mobbing vorbeugen können. Außerdem wird erklärt, welche Unterstützung Arbeitsagentur und Integrationsfachdienste (IFD) bieten – und wo es Kritik aus der Deaf-Community gibt.

 

Ursachen und Formen von Mobbing

Mobbing gegenüber tauben Beschäftigten hat viele Gesichter. Fachstellen und Studien nennen folgende Hauptursachen:

  • Kommunikationsbarrieren: Fehlende Gebärdensprachkenntnisse bei Kolleg*innen und Vorgesetzten führen zu Missverständnissen, Informationsverlust und sozialer Isolation.
  • Soziale Ausgrenzung: Informelle Gespräche bei Pausen oder Feierabendtreffen werden oft nicht zugänglich gemacht.
  • Abwertendes Verhalten: Witze über Gehörlosigkeit, bewusstes Ignorieren oder unfaire Leistungsbewertungen treten regelmäßig auf.
  • Strukturelle Barrieren: Fehlende Dolmetscher*innen, keine Untertitel, nicht barrierefreie Meetings oder E-Mails begünstigen Diskriminierung.

 

Auswirkungen auf Betroffene

Die Folgen für taube Mitarbeitende sind vielfältig:

  • Psychische Belastung: Dauerstress, Erschöpfung und Burnout treten deutlich häufiger auf als bei Hörenden.
  • Karrierehemmnisse: Studien zeigen, dass taube Menschen seltener Führungspositionen erreichen – trotz gleicher Qualifikation.
  • Gefühl der Isolation: Ohne inklusives Arbeitsumfeld fühlen sich viele nicht als Teil des Teams.

 

Studien zur Häufigkeit von Mobbing

  • Eine Schweizer Untersuchung zeigt, dass rund 43 % der gehörlosen und hörbehinderten Arbeitnehmer*innen Diskriminierung im Job erfahren. Besonders häufig geht es um Ausgrenzung und Mobbing.
  • Deutsche Studien bestätigen: Taube Menschen sind häufiger von psychischen Erkrankungen betroffen, teilweise wegen sozialer Belastungen durch Mobbing.
  • Fachstellen warnen: Ohne gezielte Inklusionsmaßnahmen bleibt das Risiko für Mobbing sehr hoch.

 

Unterschiede zwischen CI-Träger*innen und Gehörlosen

BereichCI-Träger*innenGehörlose
GruppenzugehörigkeitOft weder Teil der Hörenden noch der Deaf-CommunityStarkes Deaf-Community-Gefühl
MobbingmusterAusschluss sowohl durch Hörende als auch durch Gehörlose möglichBenachteiligung v. a. durch Hörende
KommunikationMeist Lautsprache, teils eingeschränkte GebärdenspracheGebärdensprache als Hauptsprache
Diskriminierungsquelle„Zwischen den Welten“ – doppelte BarrierenHauptsächlich durch Hörende

 

Rechtliche Schutzmöglichkeiten

In Deutschland schützt das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) vor Diskriminierung und Mobbing. Arbeitgeber müssen Maßnahmen ergreifen, um ein faires Arbeitsumfeld zu sichern.
Betroffene können:

  • eine Beschwerde im Betrieb einreichen,
  • Beratung bei der Antidiskriminierungsstelle oder beim Integrationsamt suchen,
  • juristische Schritte einleiten, bis hin zu Schadensersatzforderungen.

 

Prävention in Betrieben

Fachstellen empfehlen mehrere Maßnahmen:

  • Sensibilisierung: Teamschulungen zu Inklusion und Gebärdensprache.
  • Barrierefreie Kommunikation: Dolmetscher*innen, Untertitel, technische Hilfen.
  • Inklusive Kultur: Einbindung tauber Mitarbeitender in Entscheidungen, Mentoring-Programme.
  • Klare Richtlinien: Antidiskriminierungs- und Mobbingrichtlinien mit festen Ansprechpersonen.

 

Unterstützung bei Arbeitsplatzwechsel

Viele taube Menschen überlegen, den Arbeitsplatz zu wechseln, wenn Mobbing anhält. Hier helfen Arbeitsagentur und Integrationsfachdienste (IFD):

  • Die Arbeitsagentur bietet Berufsberatung, Vermittlung und finanzielle Hilfen.
  • Der IFD ist spezialisiert auf Hörbehinderungen. Er unterstützt auch, wenn Beschäftigte bereits arbeiten, aber den Arbeitsplatz wechseln wollen.

Wichtig: Der IFD begleitet nicht nur Arbeitslose, sondern auch Beschäftigte bei Konflikten, Überforderung oder beruflicher Neuorientierung.

 

Kritik aus der Deaf-Community

Viele Gehörlose berichten, dass sie vom IFD häufig nur einfache Jobs angeboten bekommen, obwohl sie über höhere Abschlüsse oder Berufserfahrung verfügen. Diese Erfahrung wird als unzureichend und frustrierend wahrgenommen.

  • Fachstellen weisen darauf hin, dass IFDs eigentlich an Qualifikation, Berufserfahrung und Wünschen der Ratsuchenden orientiert arbeiten sollten.
  • Ein häufiger Eindruck: Verbände wie DGB und Landesverbände reagieren bei akuten Problemen am Arbeitsplatz oft zu langsam oder zurückhaltend, auch wenn sie prinzipiell Stellungnahmen und Arbeitsgruppen zu Diskriminierung haben.
  • Die Community wünscht sich mehr aktive Unterstützung, klare Öffentlichkeitsarbeit gegen Diskriminierung und individuelle Begleitung in Konfliktfällen.

 

Fazit

Mobbing und Diskriminierung gehören leider zum Alltag vieler tauber Arbeitnehmer*innen. Ursachen sind vor allem Kommunikationsbarrieren, Vorurteile und fehlende Barrierefreiheit. Die Folgen reichen von psychischen Belastungen bis zu schlechteren Karrierechancen.
Rechtliche Schutzmöglichkeiten, Fachstellen und Integrationsfachdienste können helfen – gleichzeitig zeigen Rückmeldungen aus der Community, dass sowohl die Verbände als auch der IFD ihre Arbeit verbessern müssen, um wirklich passgenaue Unterstützung zu leisten.
Nur durch Sensibilisierung, barrierefreie Kommunikation und eine inklusive Unternehmenskultur lassen sich Mobbing und Diskriminierung nachhaltig verhindern.

Bild von Gerd Altmann auf Pixabay

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