Die Polizei Mainz hat auf Anfrage von Deaf24 eine Stellungnahme zur Deaf Halloween Party am 01.11.2015 in der Eventlocation Finn’s Penthouse in Mainz abgegeben. Anlass war ein Verdacht, dass auf der Veranstaltung möglicherweise K.-o.-Tropfen im Umlauf waren.
Deaf24 wollte wissen, wie die Polizei mit der Situation umging, wie die Kommunikation mit gehörlosen Teilnehmenden verlief und ob es Schulungen für den Umgang mit hörbehinderten Menschen gibt.
Die ausführliche Antwort der Polizei zeigt: Der Verdacht konnte nicht bestätigt werden – dennoch gibt es wichtige Hinweise, wie in Zukunft besser mit gehörlosen Personen bei Einsätzen umgegangen werden sollte.
Kein bestätigter Fall von K.-o.-Tropfen
Laut Polizeipräsidium Mainz wurde bei der genannten Veranstaltung eine Meldung über den Verdacht auf K.-o.-Tropfen aufgenommen. Nach den Ermittlungen konnte dieser nicht bestätigt werden.
Das bedeutet, es gab keine nachweisbaren Beweise am Tatort dafür, dass tatsächlich K.-o.-Tropfen verwendet wurden. Trotzdem nahm die Polizei den Hinweis ernst und war mit einem größeren Einsatz vor Ort.
Erklärung und mögliche Missverständnisse
Wenn gehörlose Teilnehmende sagen, dass sie glauben, es seien K.-o.-Tropfen im Spiel gewesen, bedeutet das nicht automatisch, dass ein Beweis vorliegt.
Die Polizei teilte mit, dass kein entsprechender Nachweis vorliegt.
Es ist auch nicht bekannt, ob das Krankenhaus den Verdachtsfall an die Polizei gemeldet hat – ein solcher Bericht ging dort nicht ein.
Möglich ist, dass es Missverständnisse zwischen dem Krankenhaus und den gehörlosen Betroffenen gab.
Falls tatsächlich K.-o.-Tropfen nachgewiesen worden wären, wäre das Krankenhaus verpflichtet gewesen, eine Meldung an die Polizei zu machen.
Solche Situationen zeigen, wie wichtig klare Kommunikation und barrierefreie Aufklärung in medizinischen Einrichtungen sind, um Missverständnisse und Unsicherheiten zu vermeiden.

Großer Polizeieinsatz wegen unübersichtlicher Lage
Laut Einsatzprotokollierung befanden sich insgesamt neun Polizeifahrzeuge vor Ort, und weitere zwei Fahrzeuge befanden sich auf der Anfahrt.
Die Polizei erklärte, dass sich die Situation aufgrund der hohen Personendichte sehr unübersichtlich zeigte.
Darüber hinaus erstreckten sich die Tatörtlichkeiten über eine größere räumliche Strecke, sodass ein größerer Kräfteansatz notwendig war.
Diese Angaben verdeutlichen, dass die Polizei die Lage ernst nahm und schnell handelte, um alle Teilnehmenden zu schützen. Gleichzeitig zeigt der Einsatz, wie schwierig die Kommunikation und Koordination in einer Menschenmenge sein kann – besonders, wenn viele Anwesende gehörlos oder hörgeschädigt sind.
Kommunikation mit gehörlosen Personen
Besonders interessant ist, wie die Kommunikation zwischen der Polizei und gehörlosen oder hörgeschädigten Menschen vor Ort ablief.
Laut Polizeibericht nutzten die Beamtinnen und Beamten:
- Gesten,
- Übersetzungs-Apps,
- und Hilfe durch anwesende Personen, die beim Dolmetschen halfen.
Es gab keine professionellen Gebärdensprachdolmetscher vor Ort.
Die Polizei Mainz gab außerdem an, dass keine speziellen Schulungen oder festen Abläufe für den Umgang mit gehörlosen Menschen bestehen.
Dieser Punkt zeigt, dass in der Praxis noch großer Verbesserungsbedarf besteht.
Gerade bei Notfällen oder großen Veranstaltungen ist eine klare und barrierefreie Kommunikation entscheidend, um Missverständnisse und Unsicherheiten zu vermeiden.
K.-o.-Tropfen in Mainz – 15 registrierte Fälle
Zwischen dem 01.01.2023 und dem 04.11.2025 registrierte die Polizei Mainz 15 Vorgänge mit dem Verdacht auf K.-o.-Tropfen.
Diese Fälle traten vor allem in Diskotheken, Bars und beim Rosenmontagsfest auf.
Die Polizei weist darauf hin, dass Betroffene – auch gehörlose Menschen – über die Notruf-App „Nora“ Kontakt aufnehmen können.
Diese App ermöglicht eine schriftliche Kommunikation mit den Einsatzkräften und ist besonders für Menschen mit Hörbehinderung geeignet.
Bedeutung für die Gehörlosengemeinschaft
Auch wenn der Verdacht bei der Deaf Halloween Party nicht bestätigt werden konnte, ist der Vorfall ein wichtiger Weckruf.
Er zeigt, wie schnell in einer lauten oder dunklen Umgebung Unsicherheit entstehen kann – besonders, wenn gehörlose Menschen sich nicht klar verständigen können oder keine Dolmetscher verfügbar sind.
Viele Teilnehmende berichten, dass sie sich in solchen Momenten hilflos oder unverstanden fühlen.
Eine strukturierte Zusammenarbeit zwischen Polizei und der Gehörlosengemeinschaft könnte hier entscheidend helfen, um Barrieren abzubauen und Vertrauen aufzubauen.
Ergänzung: Fehlende Schulungen und Verantwortung der Verbände
Die Polizei Mainz teilte mit, dass keine speziellen Schulungen oder Konzepte für den Umgang mit gehörlosen Personen existieren.
Aus Sicht der Deaf24-Redaktion zeigt dies, dass auch Verbände und Landesorganisationen mehr Verantwortung übernehmen sollten.
Hier stellt sich die Frage, ob der
Landesverband der Gehörlosen und Gebärdensprachgemeinschaft NRW e.V.
bisher genügend Schritte unternommen hat, um die Polizei über die Bedürfnisse der Gehörlosengemeinschaft zu informieren oder regelmäßige Schulungen zu empfehlen.
Viele Gehörlose empfinden, dass hier eine wichtige Chance verpasst wurde.
Der Verband könnte eine zentrale Rolle spielen, um:
- den Austausch mit der Polizei zu fördern,
- Informationsveranstaltungen zu initiieren,
- und auf die Bedeutung barrierefreier Kommunikation bei Einsätzen hinzuweisen.
Dies wäre nicht nur im Interesse der Gehörlosen, sondern auch eine Entlastung für die Polizei, die in solchen Situationen besser vorbereitet handeln könnte.
Fazit: Mehr Zusammenarbeit für Sicherheit und Barrierefreiheit
Die Antwort der Polizei Mainz bringt zwei zentrale Erkenntnisse:
- Kein nachweisbarer K.-o.-Tropfen-Fall bei der Deaf Halloween Party.
- Deutlicher Bedarf an barrierefreier Kommunikation und Schulung im Umgang mit gehörlosen Menschen.
Der Fall zeigt, dass Barrierefreiheit im Sicherheitsbereich noch nicht selbstverständlich ist.
Damit sich gehörlose Menschen in Notlagen sicher fühlen, müssen Polizei, Behörden und Gehörlosenverbände künftig enger zusammenarbeiten.
Nur durch gemeinsame Aufklärung, regelmäßige Schulungen und klare Kommunikationswege können Missverständnisse vermieden und Vertrauen gestärkt werden.
Deaf24 wird weiterhin darüber berichten und anregen, dass Inklusion auch im Polizeieinsatz Alltag werden muss – für echte Gleichberechtigung und Sicherheit für alle.

