Home Non udentiPolitikBraunschweigs Barrierefreiheit – eine Lüge auf Papier?

Braunschweigs Barrierefreiheit – eine Lüge auf Papier?

by info@deaf24.com

Barrierefreiheit ist ein wichtiges Thema – vor allem für Menschen mit Behinderungen. Die Stadt Braunschweig wirbt damit, barrierefrei zu sein und veröffentlicht regelmäßig Broschüren, in denen Orte mit angeblicher Barrierefreiheit aufgelistet sind. Doch die Realität sieht oft anders aus.

 

Broschüren und Behindertenbeirat – nur auf dem Papier?

Der Behindertenbeirat Braunschweig hat kürzlich eine aktualisierte Broschüre veröffentlicht. Sie soll zeigen, wo Menschen mit Behinderungen barrierefreien Zugang haben – von Behörden über Kulturstätten bis hin zu Restaurants. Auf den ersten Blick wirkt das vielversprechend. Doch für Gehörlose zeigt sich schnell, dass die Broschüre nur ein erster Schritt ist – und vieles fehlt.

Eine gehörlose Frau hat sich bei Deaf24 gemeldet. Sie wollte das Rathaus Braunschweig besuchen und sicherstellen, dass sie dort verstanden wird. Am Montag schrieb sie eine E-Mail an das Rathaus und fragte, ob die Mitarbeitenden Gebärdensprache beherrschen. Ihr geplanter Besuch war für Donnerstag angesetzt.

Doch dann passierte nichts: Drei Tage lang wartete sie vergeblich auf eine Antwort. Am Mittwoch stand sie immer noch ohne Information da.

Das ist nicht nur frustrierend, es zeigt auch ein Problem: Barrierefreiheit ist nicht nur ein Schild an der Tür oder eine Broschüre auf Papier. Sie bedeutet, dass Menschen mit Behinderungen wirklich unterstützt werden – dass sie Informationen erhalten, verstanden werden und an Dienstleistungen teilnehmen können.

 

Landesverband für Gehörlose – keine Hilfe?

Die gehörlose Frau wandte sich außerdem an den Landesverband Niedersachsen für Gehörlose, genauer an die Gebärdensprachdolmetschervermittlung. Sie bat um einen Gebärdensprachdolmetscher für ihren Termin im Rathaus. Auch hier: 3 Tage späte Antwort.

Für viele Gehörlose ist das ein bekanntes Problem. Sie verlassen sich auf Dolmetscher, um Zugang zu Behörden, medizinischer Versorgung oder Bildung zu bekommen. Wenn die Vermittlung selbst nicht reagiert, sind sie faktisch ausgeschlossen. Das widerspricht auch der UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland ratifiziert hat. Dort steht, dass Menschen mit Behinderungen das Recht auf barrierefreie Kommunikation haben – einschließlich Gebärdensprachdolmetschern.

 


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Barrierefreiheit – nur ein Versprechen?

Die Beispiele zeigen deutlich: Was auf Papier barrierefrei erscheint, ist in der Praxis oft nicht erreichbar. Das Rathaus kann zwar barrierefrei sein – mit Rampen, Aufzügen und breiten Türen – doch ohne Dolmetscher oder Kommunikation in Gebärdensprache hilft das niemandem, der die Sprache nicht spricht.

Viele Broschüren und offizielle Veröffentlichungen lassen den Eindruck entstehen, dass alles für Menschen mit Behinderungen geregelt ist. Doch die Realität sieht anders aus. Behörden reagieren nicht auf konkrete Anfragen, und selbst Organisationen, die offiziell helfen sollen, kümmern sich oft nicht darum. Das kann für Betroffene diskriminierend wirken, weil sie wichtige Leistungen nicht nutzen können, obwohl sie offiziell Anspruch darauf hätten.

 

Diskriminierung durch Untätigkeit

Wenn Gehörlose keine Antwort von Behörden oder Vermittlungen erhalten, ist das mehr als nur unhöflich. Es ist eine Form der Diskriminierung: Sie werden systematisch ausgeschlossen von Dienstleistungen, die für andere selbstverständlich sind. Das betrifft nicht nur die Kommunikation im Rathaus, sondern kann sich auf Gesundheit, Bildung, Arbeit oder soziale Teilhabe auswirken.

Barrierefreiheit bedeutet nicht nur Rampen, Aufzüge oder Broschüren. Sie bedeutet:

  • Verlässliche Kommunikation: Es muss jemanden geben, der Gebärdensprache beherrscht oder Dolmetscher bereitstellt.
  • Reaktionsfähigkeit: Anfragen von Menschen mit Behinderungen müssen zeitnah beantwortet werden.
  • Selbstbestimmung: Gehörlose müssen entscheiden können, welche Kommunikationshilfe sie brauchen – ohne Einschränkung oder Zwang.

Wenn diese Punkte fehlen, ist Barrierefreiheit nur eine Lüge auf Papier.

 

Fazit: Handeln statt Versprechen

Die Situation in Braunschweig zeigt, dass Barrierefreiheit nicht automatisch Realität ist. Broschüren und Behindertenbeiräte sind gut gemeint, doch wenn Behörden und Organisationen nicht reagieren, bleibt Barrierefreiheit eine Illusion.

Für Gehörlose ist das ein ernstes Problem. Sie können nicht einfach auf das Rathaus gehen oder auf Dolmetscher warten, wenn niemand antwortet. Das zeigt, dass auch der Landesverband für Gehörlose nicht immer zuverlässig hilft.

Es ist Zeit, dass Städte, Behörden und Organisationen Verantwortung übernehmen: Barrierefreiheit muss praktisch umgesetzt werden, nicht nur auf Papier stehen. Menschen mit Behinderungen dürfen nicht länger warten – sie haben ein Recht auf Teilhabe und Kommunikation.

Bild: Behindertenbeirat Braunschweig

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