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Coda: Gehörlose brauchen keine Angst zu haben

by info@deaf24.com

Gehörlose haben das Recht auf gleichberechtigte Kommunikation und sollten sich nicht vor Hörenden fürchten, wenn es darum geht, ihre Rechte einzufordern. Doch es geht nicht nur darum, sich durchzusetzen, sondern auch darum, auf respektvolle Weise Lösungen zu finden, um Kommunikationsbarrieren zu überwinden. In diesem Artikel möchten wir eine persönliche Erfahrung teilen und gleichzeitig darauf hinweisen, wie Gehörlose selbstbewusst und professionell ihre Rechte einfordern können.

Eine Geschichte aus dem Arztbesuch einer gehörlosen Mutter

Der hörende Sohn, der Finanzberater für Gehörlose (GL) möchte eine Geschichte über eine gehörlose Mutter beim Frauenarzt erzählen:
Der Sohn begleitete seine Mutter virtuell über Facetime, wie es die beiden seit Jahren machen, um Kommunikationsbarrieren beim Arzt zu überbrücken. Doch dieses Mal verlief es anders. Plötzlich wurde das Gespräch einfach beendet.

Als der Sohn erneut anrief, erklärte die Ärztin, dass sie diese Art der Kommunikation nicht wünsche. Sie nahm das Handy der Mutter und legte wieder auf. Zusätzlich verbot sie der gehörlosen Mutter, ihre Maske abzunehmen – obwohl Gehörlose auf Lippenlesen und Mimik angewiesen sind.

Daraufhin rief der Sohn noch einmal an und sprach deutlich mit der Ärztin. Er erklärte, dass barrierefreie Kommunikation ein Recht sei, und dass Gehörlose in bestimmten Situationen ihre Maske abnehmen dürfen. Die Ärztin reagierte ruhig, akzeptierte die Situation schließlich und war fortan sehr zurückhaltend.

Doch hat das Verhalten des Sohnes automatisch etwas mit „Mut“ zu tun? Und ist es immer der richtige Weg, sich energisch durchzusetzen?

Coda-Sohn: Hörende Finanzberater für GL, aber nicht frei von Diskriminierung?

Was diese Geschichte besonders macht: Ausgerechnet dieser gleiche hörende Sohn dieser gehörlosen Mutter, der sich beim Frauenarzt für Barrierefreiheit stark gemacht hat, hat Deaf24 wenige Tagen später selbst diskriminiert.

Am 3. April 2025 hat Deaf24 dem Sohn eine E-Mail geschickt, um ihn für ein Interview oder Gespräch zu kontaktieren. In der Nachricht wurde klar formuliert:

„Da wir hörbehindert sind, sind wir auf schriftlichen Kontakt angewiesen. Ein kurzes Telefonat würde den Hörenden zwar schneller eine Rückmeldung ermöglichen. Wir möchten höflich darum bitten, jegliche Diskriminierung zu vermeiden und unsere schriftliche Kommunikation zu respektieren, indem Sie uns bitte zeitnah zurückschreiben.“

Leider haben wir bis heute, nach drei Tagen, keine Rückmeldung erhalten. Dieses Verhalten empfinden wir als diskriminierend und respektlos, denn hörende Personen, die telefonisch mit ihm in Kontakt treten, bekommen laut unseren Erfahrungen oft sofort eine Antwort – ohne Wartezeit.

Uns hingegen lässt er drei Tage ohne Reaktion, obwohl eine kurze schriftliche Rückmeldung wie „Ja“ oder „Nein“ leicht möglich gewesen wäre.


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Gehörlose müssen nicht nur ihre Rechte einfordern – sie sollten auch aufklären

Es geht nicht nur darum, sich gegen Hörende durchzusetzen, sondern auch darum, Hörende aufzuklären, wie man mit Gehörlosen umgeht. Nicht immer machen Hörende absichtlich Fehler – oft fehlt ihnen schlicht das Bewusstsein für die Kommunikationsbedürfnisse Gehörloser. Deshalb ist es wichtig, ruhig, sachlich und mit guten Argumenten auf diese Situationen zu reagieren.

Gleichzeitig muss aber auch anerkannt werden: Viele Gehörlose können sich nicht immer allein durchsetzen, weil ihre Hörbehinderung eine große Kommunikationshürde darstellt. Darum ist es notwendig, dass Ärzte, Behörden und alle Beteiligten Verständnis entwickeln – und das geht nur, wenn Gehörlose sich auch trauen, für ihre Rechte einzustehen.

Was sagt das Gesetz?

Darf man Ärzte zwingen, dass Gehörlose ihre Masken abnehmen dürfen?
Gehörlose haben laut UN-Behindertenrechtskonvention ein Recht auf barrierefreie Kommunikation. In sensiblen Gesprächssituationen – wie beim Arzt – kann dies bedeuten, dass Gehörlose ihre Maske abnehmen dürfen, um zu verstehen. Doch gleichzeitig müssen Ärzte ihre Hygienevorschriften einhalten, weshalb nicht jeder Wunsch direkt umsetzbar ist.

Dürfen Ärzte selbst zur Maskenabnahme gezwungen werden?
Nein. Ein Arzt kann nicht gezwungen werden, seine Maske abzunehmen, da er auch seine eigene Gesundheit und die anderer Patienten schützen muss. Stattdessen sollten alternative Lösungen angeboten werden – etwa durch den Einsatz transparenter Masken, schriftliche Kommunikation oder Dolmetscher.

Fazit: Mut ist wichtig – aber auch Respekt und Aufklärung

  • Gehörlose haben das Recht auf barrierefreie Kommunikation.
  • Hörende müssen lernen, wie sie respektvoll mit Gehörlosen umgehen.
  • Höflicher, sachlicher Austausch bringt oft mehr als laute Forderungen.
  • Nicht nur Ärzte haben Gesetze einzuhalten – auch Gehörlose müssen Verständnis für Sicherheitsmaßnahmen zeigen.
  • Diskriminierung kann auch von Personen kommen, die selbst mit dem Thema vertraut sind – wie ein hörender Coda-Sohn.

Liebe Gehörlose, habt keine Angst vor Hörenden! Doch denkt daran: Freundliche Kommunikation, gute Argumente und Aufklärung führen oft schneller zum Ziel als Ärger. Und gleichzeitig gilt: Jeder – ob hörend oder gehörlos – muss sich mit Respekt begegnen.

Bild von Max auf Pixabay

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