Menschen mit Hörbehinderung – insbesondere Gehörlose oder stark Schwerhörige – stoßen bei der Nutzung von Fernsehen und Radio oft auf Barrieren. Viele Sendungen sind nicht oder nur teilweise barrierefrei, etwa durch fehlende Untertitel oder Gebärdensprachdolmetschung. Trotzdem müssen in vielen europäischen Ländern Rundfunk- oder Fernsehgebühren gezahlt werden. Doch wie werden hörbehinderte Menschen beim Rundfunkbeitrag eigentlich berücksichtigt? Gibt es Nachlässe oder Befreiungen?
In diesem Überblick vergleichen wir die Regelungen zur Rundfunkgebühr in ausgewählten europäischen Ländern – mit besonderem Fokus auf Gehörlose. Wir erklären, wo es finanzielle Entlastungen gibt und wo nicht. Außerdem geben wir Tipps und Hintergrundwissen aus der Community weiter.
Deutschland 🇩🇪 – Teilweise Ermäßigung mit RF-Merkzeichen
In Deutschland beträgt der volle Rundfunkbeitrag derzeit 18,36 € im Monat. Menschen mit dem Merkzeichen RF im Schwerbehindertenausweis – etwa bei Gehörlosigkeit und einem Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 – müssen nur ein Drittel zahlen, also 6,12 € monatlich.
Das RF-Merkzeichen erhalten unter anderem Menschen, die wegen ihrer Behinderung öffentliche Veranstaltungen oder Medien nur eingeschränkt nutzen können. Zwar bedeutet das keine vollständige Befreiung, aber immerhin eine deutliche Reduzierung.
Tipp: Gehörlose sollten bei ihrer zuständigen Behörde (z. B. Versorgungsamt) prüfen lassen, ob sie das Merkzeichen RF beantragen können.
Österreich 🇦🇹
In Österreich nennt sich der Beitrag „GIS-Gebühr“. Er besteht aus mehreren Teilen: Programmentgelt (ORF), Landesabgabe und Umsatzsteuer.
Menschen mit dauerhafter Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit können von der Rundfunkgebühr befreit werden, wenn sie bestimmte Sozialleistungen erhalten, z. B.:
- Pflegegeld ab Stufe 2,
- Sozialhilfe oder
- eine andere Ausgleichszulage.
Der Antrag muss direkt bei der GIS (Gebühren Info Service) gestellt werden.
Tipp: Auf der GIS-Website kann ein Befreiungsformular heruntergeladen werden. Ein ärztlicher Nachweis oder Behindertenpass ist notwendig.
Irland 🇮🇪 – Volle Befreiung möglich
In Irland kostet die TV-Lizenz aktuell 160 € pro Jahr. Es gibt verschiedene Gruppen, die ganz von der Zahlung befreit sind – darunter:
- Menschen über 70 Jahre (teilweise bereits ab 66),
- Personen mit Disability Allowance, also einer staatlichen Behindertenunterstützung,
- Blinde Menschen.
Auch gehörlose Menschen können vollständig befreit werden, wenn sie eine Behindertenleistung erhalten. Die Befreiung erfolgt auf Antrag über das Sozialamt.
Hinweis: Die vollständige Befreiung ist an den Bezug einer bestimmten Sozialleistung gebunden. Wer diese nicht bekommt, muss zahlen – unabhängig von der Hörbehinderung.
Großbritannien 🇬🇧 – Keine Vergünstigung für Gehörlose
Die britische TV-Lizenz kostet £174,50 im Jahr. Blinde oder stark sehbeeinträchtigte Menschen erhalten einen 50 % Rabatt. Für gehörlose oder schwerhörige Menschen gibt es dagegen keine Ermäßigung.
Diese Regelung sorgt seit Jahren für Kritik – insbesondere von Betroffenen. Ein Nutzer schrieb auf Reddit:
„Deaf people get nothing — despite facing limited access to content.“
Obwohl Gehörlose viele Inhalte nur eingeschränkt oder gar nicht nutzen können, werden sie bei der Gebührenpflicht nicht entlastet. Viele fordern daher eine Anpassung an die Realität.
Tschechien 🇨🇿 – Befreiung möglich, wenn alle im Haushalt betroffen sind
In Tschechien beträgt der Rundfunkbeitrag etwa 5,90 € pro Monat. Wenn alle Personen im Haushalt blind oder gehörlos sind, entfällt die Gebühr vollständig.
Darüber hinaus können auch Haushalte mit niedrigem Einkommen eine Befreiung beantragen. Diese Regelung berücksichtigt, dass Gehörlose Fernsehen anders nutzen und oft auf Untertitel oder Gebärdensprache angewiesen sind.
Slowenien 🇸🇮 – Keine Sonderregelung
Die monatliche TV-Gebühr beträgt in Slowenien rund 12,75 €. Es gibt jedoch keine speziellen Rabatte für Gehörlose. Auch für andere Behinderungen sind keine Ermäßigungen vorgesehen.
Polen 🇵🇱 – Keine Entlastung für Gehörlose
In Polen liegt die Gebühr bei rund 6,30 € monatlich. Menschen über 75 Jahren sind automatisch befreit. Für Gehörlose gibt es keine eigene Regelung. Sie müssen den vollen Beitrag zahlen – unabhängig von Barrierefreiheit.
Finnland 🇫🇮 – Mediensteuer statt Gebühr
Seit 2013 erhebt Finnland keine klassische Rundfunkgebühr mehr, sondern eine Mediensteuer, die abhängig vom Einkommen ist. Der Höchstsatz liegt bei rund 163 € pro Jahr.
Menschen mit geringem Einkommen oder unter 18 Jahren sind befreit. Eine Sonderregelung für Gehörlose gibt es jedoch nicht. Die Mediensteuer ist also einkommens-, aber nicht behinderungsabhängig.
Belgien 🇧🇪 – TV-Lizenz abgeschafft
Belgien hat die klassische TV-Gebühr abgeschafft:
- In Flandern bereits im Jahr 2001,
- In Wallonien im Jahr 2018.
Da es keine Gebühren mehr gibt, sind auch keine Ermäßigungen notwendig. Früher gab es allerdings Befreiungen für bestimmte Personengruppen mit Behinderung.
Griechenland 🇬🇷 – Keine Regelung für Gehörlose
Die jährliche Rundfunkgebühr beträgt in Griechenland 36 €. Es gibt keine konkreten Hinweise, dass gehörlose Menschen von dieser Zahlung befreit sind oder eine Ermäßigung erhalten.
Länder ohne Rundfunkgebühr
In Ländern wie Spanien, Rumänien oder Estland gibt es keine Rundfunkgebühren. Damit entfällt auch die Frage nach einer Ermäßigung für Menschen mit Behinderung.
Vergleich der Regelungen
| Land | Beitrag | Gehörlose: Ermäßigung/Befreiung? |
|---|---|---|
| Deutschland | 18,36 €/Monat | Ja: 6,12 € mit RF-Merkzeichen |
| Österreich | ca. 25–30 €/Monat | Befreiung bei bestimmten Sozialleistungen |
| Irland | 160 €/Jahr | Ja: Vollständig bei Disability Allowance |
| UK | £174,50/Jahr | Nein |
| Tschechien | 5,9 €/Monat | Ja, wenn alle im Haushalt betroffen |
| Slowenien | 12,75 €/Monat | Nein |
| Polen | 6,3 €/Monat | Nein |
| Finnland | Steuer, max. 163 €/Jahr | Nein |
| Belgien | Keine Gebühr | Nicht nötig |
| Griechenland | 36 €/Jahr | Keine Hinweise |
| USA | keine – Spenden, Sponsorengelder | – |
Fazit
Ein europäischer Vergleich zeigt: Gehörlose Menschen werden in vielen Ländern bei der Rundfunkgebühr kaum berücksichtigt. Nur wenige Staaten wie Deutschland, Irland und Tschechien haben konkrete Regelungen zur Entlastung.
Dagegen bieten Länder wie Großbritannien, Polen oder Slowenien keine spezielle Unterstützung, obwohl Gehörlose dort kaum barrierefrei fernsehen können. Das sorgt für Frust und fordert mehr politische Aufmerksamkeit.
Tipps für Betroffene
- RF-Merkzeichen beantragen: In Deutschland kann damit eine Ermäßigung beim Rundfunkbeitrag erreicht werden.
- Sozialleistungen prüfen: In vielen Ländern hängt die Befreiung von bestimmten Sozialleistungen ab.
- Barrierefreiheit einfordern: Wer regelmäßig auf Untertitel oder Gebärdensprachdolmetscher angewiesen ist, kann bei Sendern und Medienanstalten gezielt Barrierefreiheit einfordern.
- Austausch mit anderen Betroffenen: Plattformen wie Reddit oder Facebook-Gruppen bieten Raum für Tipps und Erfahrungen.

