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Türkei: In Göckun ist jeder Zweite gehörlos

by info@deaf24.com

Screenshot: Hurriyet

Im kleinen türkischen Bergdorf Göckun leben etwa 120 Menschen. Rund die Hälfte davon ist gehörlos. Warum gerade hier so viele Menschen nicht hören können, ist bis heute unklar. Manche vermuten genetische Ursachen, andere glauben, dass verschmutztes Trinkwasser krank macht. Sicher ist: Die betroffenen Familien fühlen sich oft allein gelassen. Es fehlt an medizinischer Hilfe, Bildung und Unterstützung vom Staat. Dieser Text erklärt die Situation einfach, verständlich und sehr ausführlich.

 

Ein Dorf, in dem Gebärdensprache Alltag ist

Göckun liegt abgelegen in den Bergen, weit entfernt von Krankenhäusern, Schulen oder großen Städten. Die Stille im Dorf ist etwas Besonderes – sie ist nicht freiwillig, sondern Teil des Lebens.

Über Generationen hinweg wurden viele Kinder gehörlos geboren. Heute ist Gebärdensprache die wichtigste Sprache im Dorf. Fast alle, auch hörende Menschen, benutzen Hände, Mimik und Gesten zur Kommunikation. Mit der Zeit hat sich eine eigene Dorf-Gebärdensprache entwickelt, die für alle verständlich ist.

Der Bürgermeister sagt: „Fast alle hier sprechen mit den Händen.“ Diese gemeinsame Sprache verbindet das Dorf, gibt Sicherheit und Nähe.

 

Familien erzählen von Sorgen und fehlender Hilfe

Viele Familien in Göckun haben mehrere gehörlose Kinder oder Enkelkinder. Einwohner Sati Tozun berichtet: „Keines meiner vier Kinder kann hören. Auch meine Enkel sind betroffen.“ Für viele Menschen in Göckun ist Gehörlosigkeit nichts Besonderes mehr – aber die Folgen sind oft schwer.

  • Es gibt kaum Ärztinnen oder Ärzte in der Nähe.
  • Hörgeräte, Schulungen oder Dolmetscher fehlen.
  • Die meisten Familien bekommen zwar etwas finanzielle Unterstützung vom Staat, aber sie sagen, das Geld reicht nicht zum Leben.
  • Barrierefreie Schulen oder Frühförderung für gehörlose Kinder gibt es nicht.

Ein Dorfbewohner sagt: „Wir kommen irgendwie zurecht. Aber eigentlich bräuchte jede Familie Hilfe.“

 

Warum sind so viele Menschen gehörlos?

Forscher und Behörden haben noch keine endgültige Antwort. Es gibt mehrere mögliche Gründe:

1. Genetische Ursachen

In kleinen, abgelegenen Dörfern heiraten Menschen manchmal innerhalb der Familie oder entfernte Verwandte. Das ist in armen Regionen nicht ungewöhnlich. Wenn beide Eltern ein bestimmtes Gen für Gehörlosigkeit tragen, können Kinder ohne Gehör geboren werden. Über viele Generationen kann sich dieser Gendefekt verbreiten.

2. Verschmutztes Trinkwasser

Einige Dorfbewohner glauben nicht an Genetik. Sie vermuten, dass das Wasser im Dorf krank macht. Untersuchungen von Medien berichten von zu viel Arsen und Eisen im Trinkwasser. Arsen ist giftig und kann langfristig die Gesundheit schädigen.

3. Keine klare wissenschaftliche Studie

Einzelne Forschende haben Wasserproben genommen. Aber eine große, unabhängige Studie über Genetik, Umwelt und Geschichte des Dorfes fehlt bis heute. Ohne Beweise bleibt nur: Vermutungen statt Fakten.

 

Leben zwischen Zusammenhalt und Isolation

In Göckun helfen sich die Menschen gegenseitig. Sie haben gelernt, miteinander visuell zu kommunizieren. Das stärkt das Gemeinschaftsgefühl.

Gleichzeitig fühlen sich viele isoliert:

  • Es gibt keinen barrierefreien Unterricht.
  • Viele Kinder lernen nicht richtig lesen oder schreiben.
  • Dolmetschende für Türkische Gebärdensprache fehlen.
  • Arbeit zu finden ist schwer, weil Ausbildung nicht möglich ist.

Einige junge Leute ziehen in Städte, um Arbeit oder medizinische Hilfe zu suchen. Die meisten bleiben trotzdem, weil sie keine Alternative haben.

 

Was sagen Experten?

Internationale Organisationen wie die WHO empfehlen bei vielen ähnlichen Fällen:

  • Wasser und Boden gründlich untersuchen.
  • Medizinische und genetische Studien durchführen.
  • Bildung, Gesundheitsversorgung und Barrierefreiheit verbessern.

Auch in anderen Ländern – z. B. in Afrika oder der Karibik – gab es Dörfer mit vielen gehörlosen Menschen. Die Ursachen dort waren oft eine Mischung aus Genetik, Armut und fehlender medizinischer Hilfe.

 

Tipps für bessere Unterstützung in solchen Regionen

  • Familien aufklären: Medizinische Beratung zu genetischen Risiken anbieten.
  • Sauberes Wasser: Filteranlagen oder öffentliche Wasserstellen einrichten.
  • Frühe Förderung: Gehörlose Kinder sollen früh Gebärdensprache lernen dürfen.
  • Dolmetschdienste und Apps: Mobile oder digitale Gebärdensprach-Angebote können helfen.
  • Bildung und Sozialarbeit verbinden: Finanzielle Hilfe sollte mit Therapien und Schulangeboten kombiniert werden.

 

Fazit

Göckun ist ein besonderer Ort. Es zeigt, wie stark eine Gemeinschaft sein kann – aber auch, wie sehr Menschen leiden, wenn sie keine Unterstützung bekommen. Ob Genetik oder Wasser die Ursache ist, bleibt unklar. Sicher ist: Gehörlose Menschen brauchen Bildung, medizinische Versorgung, Dolmetscher und Respekt. Göckun erinnert die Welt daran, wie wichtig Barrierefreiheit und Forschung sind – nicht nur dort, sondern überall.

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