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Kassenfragen für Gehörlose: Gleichbehandlung nötig

by info@deaf24.com

Viele Gehörlose erleben beim Einkaufen in Discountern wie LIDL, dm, Rossmann oder Aldi alltägliche Herausforderungen. Eine besonders häufige Situation passiert an der Kasse: Die Mitarbeitenden fragen nach Kundenkarten wie Payback. Für hörende Kunden ist das eine einfache Frage, die schnell beantwortet wird. Für Gehörlose kann diese kleine Frage jedoch zu Stress, Verwirrung und Ungleichbehandlung führen. Oft verstehen sie die Frage nicht sofort, weil sie die Ansage nicht hören. Wenn sie dann um Wiederholung bitten, reagieren die Kassierenden manchmal unpassend oder abwertend.

 

Alltägliche Kommunikationsprobleme an der Kasse

In vielen Discountern ist es üblich, an der Kasse nach einer Kundenkarte oder einem Rabattprogramm zu fragen. Hörende Menschen verstehen diese Frage sofort und können entscheiden, ob sie die Karte nutzen möchten. Für Gehörlose ist dies jedoch nicht selbstverständlich. Sie hören die Frage nicht und müssen aktiv auf ihre Taubheit hinweisen oder um eine Wiederholung bitten.

Ein häufiges Erlebnis ist folgendes: Der Gehörlose teilt freundlich mit, dass er taub ist und die Frage nicht verstanden hat. Er bittet um Wiederholung der Frage. Statt die Frage noch einmal klar zu formulieren, erhalten Gehörlose oft nur die Antwort „Alles ist gut“. Für viele Betroffene ist das keine gute Antwort. Sie fühlen sich abgewertet, missverstanden und ungleich behandelt. Während hörende Kunden die Möglichkeit haben, selbst zu entscheiden, ob sie eine Payback-Karte nutzen möchten, bleibt Gehörlosen diese Wahl oft verborgen.

Die Situation könnte jedoch sehr leicht gelöst werden: Die Kassen könnten einfach die Rabattkarte oder Payback-Karte zeigen, sodass Gehörlose selbst entscheiden können, ob sie sie nutzen möchten. Diese kleine Maßnahme würde die Kommunikation deutlich verbessern und die Gleichbehandlung fördern.

 

Ist das Audismus?

Viele Gehörlose empfinden diese Situationen als Audismus. Audismus bezeichnet die Diskriminierung oder Benachteiligung von Menschen, die gehörlos oder schwerhörig sind, allein aufgrund ihrer Hörfähigkeit. In diesem Fall wird das Kommunikationsbedürfnis Gehörloser ignoriert und ihre Fähigkeit, Entscheidungen selbst zu treffen, eingeschränkt. Wenn Kassierende nicht auf die Bitte um Wiederholung eingehen und stattdessen mit „Alles ist gut“ reagieren, zeigt das eine unsichtbare Benachteiligung, die Audismus widerspiegelt.

Audismus muss nicht immer bewusst geschehen. Oft wissen die Mitarbeitenden nicht, wie sie respektvoll mit Gehörlosen kommunizieren sollen. Trotzdem führt das Verhalten dazu, dass Gehörlose systematisch ungleich behandelt werden. Sie haben weniger Kontrolle über Entscheidungen wie die Nutzung von Kundenkarten oder Rabatten, während hörende Kunden diese Freiheit selbstverständlich haben.

 

Warum diese Situation belastend ist

Für Gehörlose ist diese Art von Kommunikation emotional belastend. Sie erleben:

  1. Abwertung: Ihre Kommunikationsbedürfnisse werden ignoriert.
  2. Ungleichbehandlung: Hörende Kunden bekommen die volle Information, Gehörlose nicht.
  3. Frust und Unsicherheit: Der Kunde weiß nicht, ob er etwas verpasst oder falsch handelt.
  4. Verlust von Selbstbestimmung: Entscheidungen über Rabatte oder Treuepunkte werden ihnen praktisch abgenommen.

Diese kleinen Momente summieren sich und können das Einkaufen zu einem stressigen Erlebnis machen. Viele Gehörlose berichten, dass sie aus Scham oder Angst vor Konflikten oft nichts sagen und einfach zustimmen, obwohl sie die Frage nicht verstanden haben.

 

Tipps für bessere Kommunikation

Um solche Situationen zu verbessern, gibt es einfache, praktische Lösungen:

  • Schriftliche Kommunikation: Die Kassierenden könnten die Frage nach Payback auf einem Bildschirm, Tablet oder Zettel stellen, sodass Gehörlose sie lesen können.
  • Visuelle Lösung: Die Kassen könnten die Rabattkarte oder Payback-Karte direkt zeigen, sodass der Gehörlose die Entscheidung selbst treffen kann.
  • Klare Wiederholung: Wenn der Kunde auf seine Taubheit hinweist, sollte die Frage deutlich wiederholt werden, idealerweise in schriftlicher Form oder langsam und deutlich mit Lippenlesen.
  • Einfache Ja/Nein-Handzeichen: Einfache Handzeichen können schnelle Entscheidungen ermöglichen, ohne dass Missverständnisse entstehen.
  • Schulung der Mitarbeitenden: Personal in Discountern sollte über die Bedürfnisse von Gehörlosen informiert werden. Kleine Schulungen können helfen, Empathie zu entwickeln und Gleichbehandlung sicherzustellen.

Diese Maßnahmen helfen nicht nur Gehörlosen, sondern verbessern die Servicequalität für alle Kunden.

 

Fazit:

Der Alltag an der Kasse zeigt deutlich, dass Kommunikation und Gleichbehandlung für Gehörlose noch nicht selbstverständlich sind. Kleine Fragen wie „Haben Sie Payback?“ können große Auswirkungen auf das Einkaufserlebnis haben. Wenn Gehörlose ihre Taubheit mitteilen, sollten Mitarbeitende die Frage respektvoll wiederholen, schriftlich stellen oder visuell zeigen, statt die Situation mit „Alles ist gut“ abzuwiegeln. Solche Momente sind Beispiele für Audismus, weil die Bedürfnisse Gehörloser ignoriert und sie ungleich behandelt werden. Durch einfache Maßnahmen wie schriftliche Hinweise, klare Wiederholungen, Handzeichen, visuelle Darstellungen der Rabattkarte und Schulungen des Personals kann das Einkaufen für Gehörlose deutlich angenehmer, sicherer und fairer werden. Jeder Mensch sollte die Möglichkeit haben, Entscheidungen selbst zu treffen – unabhängig davon, ob er hören kann oder nicht.

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