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Bayern plant Gehörlosengeld: Landtag berät Gesetzesentwurf

by info@deaf24.com

Am 29. Oktober 2025 ab 15.00 Uhr (mit Liveübertragung mit DGS) steht im Bayerischen Landtag ein historischer Tagesordnungspunkt an: Unter TOP 1c wird über die Einführung eines Gehörlosengeldes in Bayern beraten. Damit könnte Bayern das erste süddeutsche Bundesland werden, das gehörlosen und hochgradig schwerhörigen Menschen eine dauerhafte finanzielle Unterstützung gewährt.

Der Antrag stammt von Bündnis 90/Die Grünen und sieht eine Änderung des Bayerischen Blindengeldgesetzes vor. Dieses Gesetz soll künftig als „Bayerisches Blinden- und Gehörlosengeldgesetz“ gelten. Die Einführung des Gehörlosengeldes wäre ein wichtiger Schritt zur Gleichstellung und Anerkennung der Lebenssituation gehörloser Menschen.

 

Gesetzesentwurf: Erweiterung des Blindengeldes

Im Mittelpunkt steht der Gesetzentwurf (Drucksache 19/8491), mit dem das bisherige Blindengeldgesetz erweitert werden soll. Das Ziel ist, gehörlose und hochgradig schwerhörige Menschen finanziell zu unterstützen – ähnlich wie bisher blinde Menschen.

Das Gehörlosengeld soll behinderungsbedingte Mehrkosten ausgleichen, die im Alltag entstehen, zum Beispiel:

  • Kommunikationshilfen wie Gebärdensprachdolmetscher,
  • technische Geräte wie Lichtsignalanlagen oder Vibrationswecker,
  • zusätzliche Fahrtkosten,
  • oder Mehraufwand bei Arzt- und Behördenterminen.

Viele gehörlose Menschen berichten von monatlichen Zusatzkosten bis zu 500 Euro, die sie aus eigener Tasche zahlen müssen. Diese Ausgaben werden derzeit durch keine andere staatliche Leistung abgedeckt. Das neue Gesetz soll genau hier ansetzen und diesen Mehraufwand gerecht ausgleichen.

 

Finanzielle Übergangslösung: Einmalzahlung 2025

Im Nachtragshaushalt 2025 sind 10 Millionen Euro eingeplant, um eine Einmalzahlung an gehörlose und hochgradig schwerhörige Menschen in Bayern auszuzahlen. Diese Zahlung dient als Übergangshilfe, bis das Gehörlosengeld gesetzlich eingeführt ist.

Damit erfüllt die Staatsregierung ein Versprechen aus dem Koalitionsvertrag von CSU und Freien Wählern. Darin wurde festgelegt, „in dieser Legislaturperiode den Einstieg in ein bayerisches Gehörlosengeld“ zu schaffen. Die Einmalzahlung soll daher ein symbolischer und finanzieller Startpunkt für die dauerhafte Unterstützung sein.

 

Breite Unterstützung aus der Gesellschaft

Die Initiative wird von zahlreichen Organisationen unterstützt – darunter Kogeba e.V., Landesverband Bayern der Gehörlosen e.V., verschiedene Behindertenbeiräte und Selbsthilfegruppen. Sie fordern seit Jahren eine solche Regelung und sehen sie als überfällige Maßnahme an.

Für viele gehörlose Menschen bedeutet das Gehörlosengeld nicht nur finanzielle Hilfe, sondern auch gesellschaftliche Wertschätzung. Es wäre ein Zeichen, dass die Politik ihre besonderen Lebensumstände endlich anerkennt.

Auch Fachleute aus der Sozialpolitik betonen die Bedeutung des Gesetzes:

  • Es schließt eine Lücke in der bayerischen Behindertenpolitik,
  • verbessert die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben,
  • und sorgt für mehr Selbstbestimmung und Gleichstellung.

 

Bedeutung für die Gehörlosengemeinschaft

In mehreren anderen Bundesländern wie Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Thüringen gibt es bereits ähnliche Unterstützungsleistungen. Bayern würde mit seinem Gesetz also eine bundesweite Entwicklung fortsetzen und den gehörlosen Menschen im Freistaat endlich eine gleichwertige Anerkennung geben.

Für Betroffene bedeutet das Gehörlosengeld:

  • mehr finanzielle Unabhängigkeit,
  • bessere Möglichkeiten, Dolmetsch- und Kommunikationshilfen selbst zu bezahlen,
  • und insgesamt eine stärkere gesellschaftliche Teilhabe.

Langfristig kann diese Unterstützung dazu beitragen, dass gehörlose Menschen barrierefreier leben, besseren Zugang zu Bildung und Arbeit erhalten und sich gleichberechtigter fühlen.

 

Wichtige offene Fragen und noch nicht erledigte Schritte

Trotz des großen politischen Interesses ist das neue Gesetz – also die geplante Änderung des Bayerischen Blindengeldgesetzes hin zu einem „Blinden- und Gehörlosengeldgesetz“noch nicht verabschiedet. Derzeit befindet sich der Entwurf noch in der parlamentarischen Beratung.

Es gibt bislang kein verbindliches Datum, ab wann das monatliche Gehörlosengeld tatsächlich und dauerhaft ausgezahlt werden soll. Nach aktuellem Stand wird im Änderungsantrag des Bayerischen Landtags der „nächste Doppelhaushalt 2026/2027“ als realistischer Zeitraum genannt. Das bedeutet: Die gesetzliche Einführung wird frühestens 2026 erwartet.

Offen sind zudem zentrale Punkte, die für die Betroffenen entscheidend sind:

  • Höhe des Gehörlosengeldes: Wie viel Geld monatlich gezahlt werden soll, steht noch nicht fest.
  • Anspruchsgruppen: Ob nur Gehörlose oder auch hochgradig schwerhörige Menschen berücksichtigt werden, ist noch nicht abschließend geklärt.
  • Verfahrenswege: Wie die Antragstellung und Auszahlung organisiert werden, muss noch festgelegt werden.

Solange der Landtag das Gesetz nicht endgültig beschlossen hat, bleibt die im Jahr 2025 geplante Einmalzahlung lediglich eine Übergangslösung. Sie stellt zwar eine wichtige Anerkennung dar, ersetzt aber nicht das geplante, dauerhafte Gehörlosengeld.

Politische Beobachter gehen davon aus, dass die Diskussion im Landtag über Details wie Höhe, Anspruchsberechtigung und Verwaltungsverfahren bis in das Jahr 2026 hinein andauern wird. Erst nach der Verabschiedung im Plenum und der Veröffentlichung im Gesetz- und Verordnungsblatt kann das Gehörlosengeld rechtlich wirksam werden.

Für gehörlose Menschen in Bayern bedeutet das: Noch Geduld ist nötig. Die Einmalzahlung 2025 ist ein erster Schritt – das endgültige Gehörlosengeld folgt voraussichtlich im Laufe des Jahres 2026, sobald alle rechtlichen und finanziellen Grundlagen geschaffen sind.

 

Fazit: Ein wichtiger Schritt zur Gleichstellung

Die 62. Plenarsitzung des Bayerischen Landtags am 29. Oktober 2025 könnte zu einem historischen Moment werden. Mit dem Entwurf zur Erweiterung des Blindengeldgesetzes und der geplanten Einmalzahlung von 10 Millionen Euro sendet Bayern ein starkes Signal: Die Lebensrealität gehörloser Menschen wird endlich anerkannt und unterstützt.

Sollte der Entwurf 2026 in Kraft treten, wäre das Gehörlosengeld ein großer Erfolg für die Gehörlosengemeinschaft – und ein deutliches Zeichen sozialer Verantwortung. Es würde die Barrierefreiheit, Chancengleichheit und Inklusion im Freistaat spürbar verbessern und vielen gehörlosen Menschen ein Stück Selbstbestimmung und Gerechtigkeit zurückgeben.

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