Der Deutsche Gehörlosen-Bund e.V. (DGB) hat auf Instagram stolz auf sein erstes Jahr unter dem neuen Präsidium zurückgeblickt. Präsident Ralph Raule und sein Team sprechen von einem „spannenden Jahr“, voller „Ideen, Veränderungen und Freude an der Zusammenarbeit“.
Doch während die Führung des DGB sich selbst auf die Schulter klopft, stellt sich eine Frage:
Was hat sich für die Gehörlosen in Deutschland tatsächlich verbessert?
Die Antwort fällt ernüchternd aus. Ein Jahr nach der Wahl ist von sichtbaren Fortschritten nichts zu sehen. Die Gehörlosen-Community steht weiter vor denselben Barrieren wie zuvor – in Ämtern, in Krankenhäusern, im Alltag.
Viel Eigenlob – aber kein Fortschritt
Das Video des DGB wirkt eher wie eine interne Jubelfeier als ein ernsthafter Jahresrückblick.
Ralph Raule dankt seinem Team, die Vizepräsidenten loben die „gute Zusammenarbeit“ und den „Teamgeist“.
Doch kein einziger im Präsidium nennt konkrete Ergebnisse.
Keine politische Initiative, kein Durchbruch, kein Beispiel, wo Barrieren tatsächlich abgebaut wurden.
Von außen betrachtet entsteht der Eindruck, als ginge es beim DGB derzeit mehr um gute Stimmung im Büro als um echte Veränderungen für die Gehörlosen.
Viele in der Community fragen sich, ob das Präsidium überhaupt noch weiß, wie schwierig der Alltag ohne Dolmetscher, ohne Barrierefreiheit und ohne Verständnis bei Behörden wirklich ist.
Während die Funktionäre vom „Teamgefühl“ reden, warten Gehörlose weiter auf verlässliche Dolmetscher, barrierefreie Kommunikation und faire Behandlung in Krankenhäusern und Behörden.
Die großen Probleme bleiben ungelöst – und der DGB schweigt dazu.
„Viele Ideen“ – aber welche genau?
Das Präsidium betont, es habe „viele Ideen und Inspirationen“.
Doch worum geht es dabei?
Von außen ist nichts sichtbar.
Keine konkreten Pläne, keine veröffentlichten Forderungen, keine politischen Gespräche.
Die Gehörlosen-Community hört nur Worte – aber sieht keine Ergebnisse.
Solange die angeblichen Ideen nicht in Handeln umgesetzt werden, bleibt die Arbeit des Präsidiums ein schönes Selbstgespräch ohne Wirkung.
Die Gebärdensprache, die der DGB wieder lobt, ist seit Jahrhunderten Teil der Gehörlosenkultur.
Ihre Anerkennung im Jahr 2002 war ein wichtiger Schritt – doch in der Realität hat sich seither wenig geändert.
Noch immer fehlt Gebärdensprachkompetenz in Schulen, Kliniken, Ämtern und Beratungsstellen.
Wenn der DGB nach über 20 Jahren erneut „die Bedeutung der Gebärdensprache“ betont, klingt das eher nach Wiederholung als nach Fortschritt.
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Distanz zwischen Verband und Basis
Die Gehörlosen-Community erlebt den Verband zunehmend als abgehoben und schwer erreichbar.
Viele Mitglieder fühlen sich nicht vertreten.
Fragen und Beschwerden bleiben unbeantwortet, Entscheidungen werden ohne Einbeziehung der Basis getroffen.
Statt offener Kommunikation gibt es Hochglanz-Posts und Eigenlob.
Kritische Themen wie Dolmetschermangel, diskriminierende Behördenpraxis oder fehlende Entschädigungen bei Terminabsagen werden kaum aufgegriffen.
Der DGB spricht von Vertrauen und Harmonie – doch draußen herrscht Frust und Enttäuschung.
Ein Verband, der sich selbst feiert, während seine Mitglieder mit immer gleichen Problemen kämpfen, wirkt nicht glaubwürdig.
Das ist kein Fortschritt, das ist Stillstand mit Applaus.
Fazit: Weniger Worte, mehr Ergebnisse
Nach einem Jahr unter neuer Führung bleibt vom großen Aufbruch wenig übrig.
Das Präsidium des Deutschen Gehörlosen-Bundes hat ein Jahr voller Eigenlob, Videogrüße und Teamfreude hinter sich – aber die Gehörlosen-Community hat davon nichts gespürt.
Die täglichen Barrieren sind geblieben, die Missstände unverändert.
Wenn der DGB seinem Anspruch gerecht werden will, muss er sich neu besinnen:
weg vom Eigenlob, hin zur Verantwortung.
Weg vom „Wir haben Ideen“, hin zu „Wir haben etwas erreicht“.
Denn ein Verband, der sich nur selbst feiert, aber nichts verbessert, verliert seine Glaubwürdigkeit.
Die Gehörlosen brauchen keinen Applaus im Präsidium, sondern Ergebnisse im Alltag.
Das wäre die wahre Leistung – nicht ein weiteres Jahr voller Worte.


