Instagram @seeadler80 veröffentlichte auf Instagram ein Video, in dem sie über die Verantwortung von Veranstaltern bei Vorfällen mit KO-Tropfen spricht. Sie erwähnt dabei, dass sie mit einer Anwältin aus Nürnberg gesprochen habe, die angeblich ihre Freundin sei. Doch viele Aussagen in ihrem Video sind sehr vereinfacht, teilweise pauschal und könnten bei Zuschauenden für Verwirrung oder Angst sorgen. In diesem Text erklären wir sachlich, was Veranstalter wirklich wissen müssen, welche Verantwortung sie tragen und wie sie sich bei solchen Vorfällen richtig verhalten sollten.
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Wer ist Veranstalter und was bedeutet Verantwortung?
Ein Veranstalter ist die Person oder Organisation, die eine Veranstaltung organisiert und durchführt. Das kann eine Party, ein Konzert oder ein anderes Treffen sein. Veranstalter laden Gäste ein, kümmern sich um den Veranstaltungsort und sorgen dafür, dass alles sicher abläuft.
Wichtig ist die sogenannte „Verkehrssicherungspflicht“. Das heißt, der Veranstalter muss dafür sorgen, dass keine Gefahren für die Gäste entstehen. Dazu gehört zum Beispiel, dass Notausgänge frei sind, der Ort sicher ist und Erste Hilfe möglich ist.
Diese Verantwortung gilt aber nur im Rahmen des Veranstaltungsortes und des Einflussbereichs des Veranstalters. Wo der Veranstalter keinen Einfluss hat – zum Beispiel wenn Gäste draußen auf der Straße sind –, endet meist seine Pflicht.
Betreiber von Finn’s Penthouse und @barannnck
Finn’s Penthouse in Mainz ist ein offizielles Tanzlokal für Hörende. An einem bestimmten Tag hat der Betreiber das Lokal für Hörende geschlossen und es nur einmalig für Gehörlose geöffnet.
@barannnck hat eine öffentliche Halloween-Party für Gehörlose organisiert. Er ist Veranstalter dieser Party, aber nicht der Betreiber des Gebäudes. Das heißt:
- Er trägt Verantwortung für die Party selbst und die Gäste, die er eingeladen hat.
- Für bauliche Sicherheit wie Notausgänge oder Brandschutz ist der Betreiber des Gebäudes zuständig.
Diese klare Trennung ist wichtig, weil sie bestimmt, wer wofür haftbar gemacht werden kann.
Was passiert bei einem Vorfall mit KO-Tropfen?
KO-Tropfen sind Substanzen, die heimlich und ohne Wissen der betroffenen Person in ein Getränk gemischt werden und die Person bewusstlos machen können.
Wenn jemand bei einer Veranstaltung bewusstlos wird und später im Krankenhaus festgestellt wird, dass KO-Tropfen im Spiel waren, ist das ein ernstes Problem.
Aber: Wenn der Veranstalter nichts von den KO-Tropfen wusste und keine Pflichten verletzt hat, ist er rechtlich normalerweise nicht verantwortlich. Denn der Täter ist die Person, die die Tropfen verabreicht hat.
Aussagen von @seeadler80 und der „Anwältin“ im Vergleich zur Realität
@seeadler80 betont, dass sie mit einer Anwältin aus Nürnberg gesprochen habe, die angeblich ihre Freundin sei. In ihrem Video wird behauptet, Veranstalter hätten eine dauerhafte Verantwortung für Gäste, auch außerhalb des Veranstaltungsorts, und müssten unbedingt zur Polizei gehen, um Anzeige zu erstatten – sonst drohten ihnen Probleme. Diese Aussagen sind aber stark vereinfacht und in vielen Punkten irreführend:
- Es gibt keine gesetzliche Pflicht für Veranstalter, nach einem solchen Vorfall unbedingt Anzeige zu erstatten.
- Die Verantwortung für Gäste endet nicht automatisch erst, wenn alle Gäste das Grundstück verlassen haben.
- Veranstalter können nicht strafrechtlich haftbar gemacht werden, wenn sie von den KO-Tropfen nichts wussten und keine Pflichtverletzung begangen haben.
Diese rechtlichen Zusammenhänge sind komplex und dürfen nicht zu Panik oder falschen Schuldzuweisungen führen. Es ist wichtig, die Informationen sorgfältig zu prüfen und keine falschen Erwartungen zu wecken.
Müssen Veranstalter zur Polizei gehen und Anzeige erstatten?
Manchmal hört man, dass Veranstalter zur Polizei gehen müssen, um Anzeige zu erstatten, sonst bekommen sie Probleme. Diese Aussage ist nicht richtig. In Deutschland gibt es für Privatpersonen keine Pflicht, eine Anzeige zu erstatten. Nur bei sehr schweren Straftaten oder besonderen Situationen besteht eine Anzeigepflicht, die KO-Tropfen-Fälle gehören in der Regel nicht dazu.
Trotzdem ist es sehr sinnvoll, wenn der Veranstalter freiwillig mit der Polizei spricht und hilft, den Vorfall aufzuklären. So kann die Polizei schneller den Täter finden und weitere Schäden verhindern. Auch für die Sicherheit aller Gäste ist das wichtig.
Verantwortung der Veranstalter nach dem Vorfall
Nach einem Vorfall mit KO-Tropfen bleibt die Verantwortung der Veranstalter nicht automatisch weiter bestehen, nur weil die Gäste noch da sind oder draußen warten. Die rechtliche Verantwortung gilt hauptsächlich für den Bereich, den der Veranstalter kontrollieren kann – also den Veranstaltungsort selbst.
Wenn Gäste draußen vor dem Gebäude stehen, sind sie dort nicht mehr im Einflussbereich des Veranstalters. Das bedeutet, dass der Veranstalter für Vorfälle dort normalerweise nicht verantwortlich gemacht werden kann.
Unterschied zwischen Veranstalter und Raumvermieter
Manchmal wird verwechselt, wer für die Sicherheit zuständig ist. Es gibt den Veranstalter, der die Party organisiert und Gäste einlädt. Und es gibt den Eigentümer oder Betreiber des Raums, der den Raum vermietet.
Zum Beispiel:
- @barannnck hat eine öffentliche Halloween-Party organisiert und dafür einen Raum reserviert.
- Er ist Veranstalter seiner Party, aber nicht der Betreiber des Gebäudes.
- Der Gebäudebetreiber ist zuständig für Notausgänge, Brandschutz und ähnliches.
- Der Veranstalter ist zuständig für die Gäste, Einlass und die Regeln der Veranstaltung.
Diese klare Trennung ist wichtig, weil sie bestimmt, wer für welchen Bereich verantwortlich ist.
Tipps für Veranstalter bei Problemen mit KO-Tropfen oder anderen Vorfällen
- Sicherheit planen
Veranstalter sollten frühzeitig Sicherheitsmaßnahmen planen: Notausgänge prüfen, Erste-Hilfe bereithalten und Ansprechpartner benennen. - Aufmerksamkeit der Gäste fördern
Gäste sollten informiert werden, vorsichtig mit ihren Getränken zu sein und verdächtige Situationen zu melden. - Schnell reagieren
Wenn jemand bewusstlos wird, sofort den Rettungsdienst rufen und Erste Hilfe leisten. - Mit Polizei zusammenarbeiten
Auch wenn keine Pflicht besteht, sollten Veranstalter die Polizei informieren und bei der Aufklärung helfen. - Keine Schuld zu früh annehmen
Veranstalter sollten wissen: Nur weil etwas bei der Veranstaltung passiert, sind sie nicht automatisch schuld – wenn sie ihre Pflichten erfüllt haben.
Fazit
Die Aussagen von @seeadler80 und der angeblichen Anwältin sind in vielen Punkten zu pauschal und irreführend. Veranstalter tragen eine wichtige Verantwortung für die Sicherheit bei ihren Veranstaltungen. Doch diese Verantwortung hat klare Grenzen und endet dort, wo sie keinen Einfluss mehr haben. Bei Vorfällen mit KO-Tropfen sind die Täter diejenigen, die strafrechtlich belangt werden – nicht die Veranstalter, wenn diese nichts von der Tat wussten und ihre Sicherheitsaufgaben erfüllt haben.
Es ist empfehlenswert, in solchen Fällen freiwillig mit der Polizei zusammenzuarbeiten, um den Täter zu finden und weitere Vorfälle zu verhindern. Veranstalter sollten sich aber nicht durch falsche oder übertriebene Aussagen verunsichern lassen. Klarheit und Fakten helfen dabei, Sicherheit und Vertrauen bei Veranstaltungen zu gewährleisten.


